Für viele Opiatabhängige ist die Drogensubstitution mit Opioid-Medikamenten auf Arztrezept die beste Therapie, ein Stabilisierungsfaktor und oft auch ein Rettungsanker. Von einem potenziell bedeutenden Fortschritt – der nur noch einmal monatlichen oder einmal wöchentlichen Einnahme eines Medikaments per subkutaner Injektion beim Arzt – können österreichische Patienten bisher nicht profitieren.

"Die Depot-Injektion von Buprenorphin hat unglaubliche Vorteile, weil sie die Behandlung völlig flexibel macht. Die Patienten müssen nicht mehr täglich den stigmatisierenden Besuch in der Apotheke machen und sich dort um ihr Substitutionsmittel anstellen.

Mit der subkutanen Verabreichung einmal wöchentlich oder einmal monatlich beim Arzt gibt es kein Risiko für einen Schwarzmarkt. Die Politik sollte dem eigentlich positiv gegenüberstehen", sagte Gabriele Fischer, Leiterin der Drogenambulanz an der Universitätsklinik für Psychiatrie am Wiener AKH (MedUni Wien).

Weg von Heroin

Darum geht es: Mehr als die Hälfte der Opiatabhängigen mit problematischem Drogenkonsum sind in Österreich in Substitutionstherapie. "Etwa 60 Prozent davon sind auf retardiertes Morphin eingestellt. Den Rest teilen sich Methadon-Präparate und Buprenorphin", sagte die Psychiaterin. Bei den Medikamenten handelt es sich aber durchgängig um Arzneimittel zur oralen Einnahme. Das macht die tägliche Abgabe in der Apotheke oder vergleichsweise komplizierte Mitgaberegelungen notwendig.

Seit kurzem steht aber über eine EU-Zulassung auch in Europa extrem stark retardiert wirkendes Buprenorphin (BUP-XR) prinzipiell zur Verfügung. Das Medikament gibt es in verschiedenen Dosierungen zur einmal wöchentlichen oder einmal monatlichen Anwendung. Dies erfolgt jeweils durch den behandelnden Arzt mit einer subkutanen Injektion unter die Haut. "Geeignet ist das sicher nicht für alle Patienten, aber für ein kleines Patientensegment kann das sehr gut sein. Ich habe zum Beispiel einen Patienten, der unter Substitutionstherapie auf Montage fährt. Dauert das ein paar Tage länger, gibt es bereits Schwierigkeiten", sagte die Expertin. Substitutionsmittel "auf Vorrat" ins Ausland mitzunehmen oder gar dort zu besorgen, ist höchst diffizil.

Für eine kleine Gruppe

Gabriele Fischer schätzt, dass etwa 15 Prozent der Substitutionspatienten von der neuen Behandlungsform profitieren könnten. Ohne Zweifel wären auch die Apotheken entlastet. Doch das Medikament ist in Österreich auf Krankenkassenkosten noch nicht erhältlich. "Man müsste im Gesundheitsministerium zunächst die Suchtmittelverordnung ändern und einfach hinzufügen, dass es auch eine Drogensubstitution durch subkutane Injektion (eines Depot-Arzneimittels) gegen kann. Und dann müssten Preisverhandlungen mit dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger erfolgen", erklärte die Psychiaterin und Drogenspezialistin.

US-Wissenschafter haben die Wirksamkeit der Therapie in einer groß angelegten Wirksamkeitsstudie der Phase III in 36 Behandlungszentren in den Vereinigten Staaten jetzt untersucht. Die Studie ist vor kurzem im Fachblatt "Lancet" erschienen. 504 Patienten im Alter zwischen 18 und 65 Jahren, welche eine Therapie haben wollten, und unter moderater bis schwerer Opioid-Abhängigkeit litten, erhielten entweder BUP-XR oder Placebo über einen Zeitraum von sechs Monaten hinweg.

Hochaktuell in USA

"Die mediane Abstinenzrate (andere Opioide, zum Beispiel Beikonsum vom Schwarzmarkt; Anm.) lag bei 41,3 Prozent bzw. bei 42,7 Prozent (höhere bzw. niedrigere BUP-XR-Dosierung) – verglichen mit fünf Prozent für Placebo", schrieben Barbara Haight (US-Pharmaunternehmen Invidior) und ihre Co-Autoren. Befragungen und regelmäßige Urintests belegten das.

Die Wayne State University School of Medicine (Detroit/USA) hatte die wissenschaftliche Untersuchung maßgeblich geplant und durchgeführt. Der "Rost Belt" und die ehemaligen US-Autoindustrie-Zentren haben derzeit mit einer extremen Opioid-Suchtproblematik zu kämpfen. Ursache dafür sind die sozialen Verhältnisse und die ehemals besonders freizügige Opioid-Schmerzmittelverschreibung von US-Ärzten. (APA, 27.3.2019)