Pinkelnig (l.) und Iraschko-Stolz erfüllen die Goldstatus-Norm und staunen dennoch über die Sporthilfe.

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Wien – "Es ist schwierig", sagt Eva Pinkelnig, "eine Einrichtung zu kritisieren, von der man gefördert wird." Doch nach den Snowboarderinnen Claudia Riegler und Sabine Schöffmann will auch die Skispringerin mit ihrer Meinung über die neuen Sporthilfe-Förderrichtlinien nicht hinter dem Berg halten. In etlichen Sportarten – Mountainbike, BMX, Tennis, Tontaubenschießen, Ski Cross, Kunstbahnrodeln, Ski-Freestyle, Snowboarden und Skispringen – müssen Frauen nun bessere Resultate vorweisen als Männer, um dieselbe Förderstufe zu erklimmen.

Im Skispringen, um bei Pinkelnig zu bleiben, muss eine Frau im WM-Einzelbewerb aufs Stockerl kommen, um den mit 800 Euro monatlich dotierten Sporthilfe-Goldstatus zu erlangen – bei den Männern reicht Rang sechs. Pinkelnig war WM-Fünfte. Zu ihrem Glück ist die 30-jährige Vorarlbergerin im Weltcup sechsmal unter die ersten Vier gekommen, so hat sie doch noch den Sprung vom Silber- (400 Euro) zum Goldstatus geschafft. An ihrer Meinung über die prinzipielle Ungleichstellung ändert das nichts. "In der heutigen Zeit muss man klar von einem Rückschritt reden", sagt Pinkelnig dem STANDARD.

"Zweierlei Maß"

Sporthilfe-Geschäftsführer Harald Bauer hatte mit der unterschiedlichen Größe von Teilnehmerfeldern bei Großevents argumentiert und erklärt: "Bis jetzt hat es eine Ungleichbehandlung gegeben." Denn: "Bisher hatten es die Männer wesentlich schwieriger." Das sieht Pinkelnig anders. "Ich finde es schade. Wir trainieren gleich viel, opfern gleich viel Zeit. Auch wir erbringen Spitzenleistungen. Es wird mit zweierlei Maß gemessen, das ist unfair. Noch dazu sind wir eine Sportart, die sich erst entwickelt."

Sie hat sich kürzlich auch angesehen, wieviel Preisgeld sie als Weltcup-Gesamtsechste verdiente. "Das war ein Viertel dessen, was ein vergleichbar erfolgreicher Mann gekriegt hat." Das Argument mit den Teilnehmerfeldern lässt Pinkelnig nicht gelten. "Was können wir dafür, wenn unser Weltverband, die FIS, bei der WM oder bei Olympia nicht für gleich große Felder sorgt?" Weltverbände in anderen Sportarten sind hier sehr wohl um Parität bemüht.

Ein Highlight der Nordischen Ski-WM in Seefeld war der Teambewerb der Skispringerinnen, er war erst im letzten Moment ins Programm aufgenommen worden – laut Pinkelnig auch dank ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel, der sich dafür starkgemacht hatte. "Wir hatten elf Teams mit je vier Springerinnen im Bewerb, das kann sich doch sehen lassen." Doch noch immer kämpfen die Damen etwa dafür, dass sie auch Skifliegen dürfen. Auch diesbezüglich sieht sich Pinkelnig diskriminiert, und nicht selten fragt sie sich: "Was kann ich dafür, dass ich eine Frau bin?"

"Fragwürdiges System"

Pinkelnigs Teamkollegin Daniela Iraschko-Stolz zuckt quasi mit den Schultern. "Es ist halt alles auf Leistung aufgebaut", sagt die 35-Jährige, die heuer drei Weltcupspringen und bei der WM neben den zwei Team-Silbernen auch solo Bronze gewann. Die Goldstatus-Norm erfüllt die Steirerin garantiert, doch das ist gar nicht besonders wichtig. "Das System ist ja überhaupt fragwürdig", sagt Iraschko-Stolz. "Viele, die eh schon genug haben, kriegen noch mehr. Ich würde den Jüngeren mehr geben und den Älteren weniger. Alles umzudrehen, das wäre wirklich sozial."

Die Sporthilfe kann immerhin darauf verweisen, dass sie Talente künftig besser fördert. Seitens des ÖOC, das an der Erstellung der neuen Sporthilfe-Richtlinien beteiligt war, sagte Sportdirektor Christoph Sieber der Austria Presse-Agentur: "Dies ist ein komplexer, laufender Prozess, bei dem natürlich Evaluierungen und Adaptierungen notwendig sind." Bei Härtefällen wird laut Sieber oft zugunsten des Athleten oder der Athletin entschieden.

Einige neue Härtefälle freilich gehen aufs Konto der Sporthilfe. (Fritz Neumann, 27.3.2019)