Channel-Beispiele für ein GIS-gebührenfinanziertes Flimmit aus dem Angebotskonzept an die Medienbehörde KommAustria: Kino "Made in Austria", "Fokus Europa", "Serienhelden", "Archivschätze".

Foto: ORF / Angebotskonzept Flimmit

Wien – 550.000 Euro aus Gebührengeldern will der ORF in sein Abrufportal Flimmit investieren, das als kommerzielles Streamingangebot nicht aus der Verlustzone kommt. Die Medienbehörde hat das Projekt schon einmal abgelehnt. Gegen den zweiten Anlauf des ORF meldet der Privatsenderverband grundlegende Bedenken an.

2018 abgelehnt

2018 lehnte die Medienbehörde den Antrag des ORF ab, weil ihr das Finanzierungskonzept und der damit verbundene Gebührenbedarf zu wenig konkret und verbindlich waren. Das neue Konzept wurde konkreter und deutlich günstiger. Am Mittwoch läuft die Frist für Stellungnahmen zum zweiten Antrag ab. Jene des Privatsenderverbands VÖP liegt dem STANDARD vor.

"Nicht genehmigungsfähig"

Für die Interessenvertreter der privaten ORF-Mitbewerber ist der Antrag so "nicht genehmigungsfähig". Sie verlangen jedenfalls Auflagen für den ORF in einigen Bereichen – zum Beispiel eine Obergrenze für öffentliche Mittel für den ORF-Streamingdienst, Verluste aus dem kommerziellen Anlauf dürften nicht mit Gebührengeldern abgedeckt werden.

Mit dem bestehenden ORF-Gesetz – es gilt bis zur noch heuer von ÖVP und FPÖ geplanten Novelle – sehen die Privatsender mehrere Konflikte.

"Reine Unterhaltung"

Geplant seien etwa "praktisch ausschließlich" fiktionale Inhalte – für die Privaten ein "reines Unterhaltungsangebot". Das ORF-Gesetz verbiete im Fernsehen reine Unterhaltungsangebote, ebenso online "Spiele und Unterhaltungsangebote", sofern sie keinen darüber hinausgehenden Bezug zum öffentlich-rechtlichen Kernauftrag haben, heißt es in der Stellungnahme.

Das Gesetz schreibe Onlineangeboten zudem einen inhaltlichen Bezug auf die Rundfunkprogramme des ORF vor. "Ausdrücklich" müssten dem Angebot Kauffilme und -serien ohne Bezug zum Rundfunkprogramm des ORF untersagt werden.

80 Prozent Österreich

Zumindest 80 Prozent der Produktionen auf einem gebührenfinanzierten ORF-Flimmit sollen nach Ansicht der Privatsender Österreich-Bezug haben, zumindest 90 Prozent europäischen Bezug. Das geplante ORF-Gesetz soll nach STANDARD-Infos auch für die klassischen ORF-Programme Mindestanteile für österreichische und europäische Produktionen vorschreiben – wenngleich deutlich unter dieser Höhe.

Sie vermissen Obergrenzen für Kaufproduktionen auf einem gebührenfinanzierten Flimmit – und verlangen ein Limit von höchstens 20 Prozent des Gesamtangebots. Mehr Kaufangebot stünde im Widerspruch zum öffentlich-rechtlichen Charakter, argumentieren sie.

Ausstrahlung geplant

Derzeit darf der ORF in seinen gebührenfinanzierten Angeboten nur Programme online zeigen, die im Fernsehen gelaufen sind – oder programmbegleitend. Im gebührenfinanzierten Flimmit sollen sie möglich sein, wenn "eine Ausstrahlung nach Programmplanung erfolgen wird". Das ist den Privatsendern zu vage – sie meinen, damit könnte der ORF auf dem Bezahlportal einen "umfangreichen (Hollywood-)Blockbusterkatalog anbieten". Und sie verlangen: Zwischen TV-Erstausstrahlung und Onlinezugang dürfe nicht mehr als ein Monat liegen.

Die Privatsender haben im ORF-Antrag auch kein zeitliches Limit für Kaufproduktionen online gefunden – sie verlangen eine Höchstgrenze von drei Monaten.

Quote für Fremdproduktionen

Als Ergänzung zu TV-Themenschwerpunkten will der ORF Fremdproduktionen allein für Onlineabruf zukaufen – er schreibt von "circa fünf Prozent" des Gesamtangebots. Die Privaten wollen höchstens ein Prozent – das wären bei 9.000 Titeln 90, argumentieren sie.

Bisher darf der ORF Programme nur sieben Tage nach Ausstrahlung gebührenfinanziert online auf Abruf anbieten, die er selbst produziert oder beauftragt hat. Im Widerspruch dazu stünden Erstausstrahlungen auf dem neuen ORF-Flimmit, Fremdproduktionen und keine zeitliche Befristung.

Die Siebentageregel soll nach STANDARD-Infos mit der geplanten Novelle fallen, in Diskussion sind nun 30 Tage.

"Sehr günstiger Angebotspreis"

Flimmit soll laut Antrag künftig 29,90 Euro im Jahr statt bisher 75 kosten, also 2,50 Euro pro Monat. Dieser "sehr günstige Angebotspreis" insbesondere dank GIS-Zuschuss weckt bei den Privaten Zweifel am künftigen Wettbewerb: "Unter vernünftigen Annahmen" sei "wohl gänzlich auszuschließen, dass sich auf diesem Markt in Zukunft selbsttragender Wettbewerb ausbilden wird".

Der ORF reagiert mit einer eigenen Abrufplattform auf den bestehenden Wettbewerb insbesondere mit Netflix und Amazon Prime – bisher kommerziell und ohne wirtschaftlichen Erfolg.

ORF-Player

Die – dann gebührenfinanzierte – Plattform Flimmit soll nach STANDARD-Infos Teil des Onlineprojekts ORF-Player sein. Dort soll es eine Reihe von Online-Channels und -Angeboten geben, kombiniert mit Empfehlungs- und anderen Social-Media-Funktionen. Auch dafür wird der ORF Änderungen in seinem Gesetz benötigen. (fid, 27.3.2019)