Wien – Die Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) stoppt den Bewerbungsprozess für die künstlerische Leitung des Wiener Volkstheaters – nachdem die zuständige Findungskommission angekündigt hat, angesichts der budgetären Situation des Hauses keine Kandidaten vorzuschlagen. Das teilte die Ressortchefin in einer Stellungnahme mit.

Es ist eine überraschende Wende bei der Suche nach der neuen künstlerischen Leitung: Die Findungskommission beschloss einstimmig, keine Kandidaten für die Nachfolge von Anna Badora vorzuschlagen. Eine Neuausrichtung des Hauses sei nur mit mehr Geld möglich, heißt es in einem der APA vorliegenden Protokoll, das nach einem Hearing mit neun Interessenten erstellt wurde. Die Geladenen waren aus 72 Bewerbungen ausgewählt worden. Sie durften sich laut dem Protokoll präsentieren und mussten eine Reihe von Fragen beantworten – auch zur Finanzierbarkeit ihrer Vorstellungen.

"Intensive Gespräche führen"

Die einstimmige Empfehlung der Jury sei überraschend gekommen, sagte Kaup-Hasler, habe aber eine "langgehegte eigene Überlegung" fachlich bestätigt. Die Kulturstadträtin will nun persönlich jene Grundvoraussetzungen schaffen, die es der Jury ermöglichen, "ihre Arbeit fortzusetzen und eine geeignete Leitung für das Volkstheater zu finden".

"Ich werde mit dem Bund, aber auch mit den Vertretern der Volkstheater-Privatstiftung intensive Gespräche führen", kündigte sie an. Sie habe Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) schriftlich von der Dringlichkeit einer Lösung unterrichtet, nachdem es zuvor bereits ein Vieraugengespräch gegeben habe. Wie lang der Bewerbungsprozess außer Kraft gesetzt ist, ließ Kaup-Hasler offen. "Meinerseits ist auf jeden Fall rasches Handeln erforderlich."

Mehr Geld nötig

Es seien durchaus "schlüssige und überzeugende Konzepte" vorgelegt worden, heißt es im Protokoll der Findungskommission. Allerdings sei eine Neuausrichtung des Hauses nur mit einer "substanziellen Anhebung der finanziellen Ausstattung möglich". Wörtlich heißt es: "Eine Prolongierung der derzeitigen Mangelwirtschaft bedeutet letztlich das Inkaufnehmen eines Qualitätsverlustes." Diesen wolle keiner der Kandidatinnen bzw. Kandidaten verantworten, wurde versichert.

"Die Kommission empfiehlt daher, die chronische Unterdotierung zu korrigieren", heißt es. Die Größenordnung liege nach "übereinstimmender Auffassung" der Experten bei drei Millionen Euro pro Jahr – samt Valorisierung der Zuschüsse in den Folgejahren. Die Aufforderung ging dem Vernehmen nach sowohl an die Stadt als auch an den Bund.

Durch die Blume wird auch angedeutet, dass der Interessentenkreis nicht ganz den Vorstellungen entsprochen hat. Denn abschließend wird angemerkt: Nur mit einer zusätzlichen Dotierung seien sowohl weiterführende Gespräche mit Kandidaten, die am Hearing teilgenommen haben, als auch die "Erweiterung des Kreises" der Bewerber um "jene Personen, die auf der Grundlage der jetzigen finanziellen Situation von einer Bewerbung bedauerlicherweise Abstand genommen haben", möglich.

Entschieden wird die Nachfolge Badoras von einer Jury unter Leitung der Vorsitzenden des Vorstands der Volkstheater-Privatstiftung, der Vienna-Insurance-Group-Vorständin Judit Havasi. Weitere stimmberechtigte Jurymitglieder sind Burgtheater-Direktorin Karin Bergmann, der kaufmännische Direktor der Salzburger Festspiele, Lukas Crepaz, der Theaterreferent der Stadt Wien, Arne Forke, sowie die designierte Intendantin der Münchner Kammerspiele, Barbara Mundel. (APA, 28.3.2019)