Andrew Bird singt und pfeift wunderschöne Balladen auf seinem Album "My Finest Work Yet".

Foto: Cameron Wittig

Arschgeige. Oder Nervensäge. Beides sind keine sehr höflichen Zuschreibungen, doch mit beiden musste sich Andrew Bird in der Vergangenheit herumschlagen. Schließlich entsagte er vor gut 20 Jahren dem Bandformat und versuchte es eine Zeit lang solo, was live eine gewisse Toleranzprüfung bedeuten konnte. Zumal Bird auch noch gepfiffen hat wie ein – bird.

Aber das ist lange her, und Bird wurde über die Jahre zu einer verlässlichen, dabei unberechenbaren Figur im US-amerikanischen Indierock. Nun hat er ein neues Album veröffentlicht. Es heißt My Finest Work Yet, und man ist geneigt, sich dieser Eigendiagnose anzuschließen.

Im Gespräch mit Autor Dave Eggers

Bird ist 45 und ein höflicher Mann, verheiratet, gebildet. Dem Album liegt ein Interview mit dem US-Bestseller-Autor Dave Eggers bei. Mit dem Autor von_Büchern wie (The Circle oder Heroes of the Frontier ...) hat er einst dieselbe High School besucht. Sie parlieren über die gemeinsame Jugend, ihren Werdegang und die Arbeit, wobei jener von_Bird mehr Aufmerksamkeit zuteil wird.

Bird erzählt, wie das Album begann. Nämlich mit dem Song Bloodless. Den hat er gleich nach dem_Wahlsieg von Donald Trump geschrieben. Aus dem Gefühl heraus, als Künstler das jetzt tun zu müssen, eine Stimmung abzubilden, in der sich damals viele befanden. Der Song sieht die USA zerrissen und im Zustand eines kalten Bürgerkriegs: "Bloodless for now", singt er.

Andrew Bird: Bloodless.
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Das Lied setzte den Tonfall für das Album. Es ist eine Ballade im Midempo. Bird klingt wie einer der beiden Wainwrights, Loudon oder Rufus – kann man sich aussuchen. Die Nonchalance, mit der Bird liefert, erinnert eher an Rufus, die Stimme an dessen Vater.

Doch Vergleiche muss man gar nicht bemühen. Bird führt einen mit traumwandlerischer Sicherheit durch zehn Songs. Heiterkeit stellt sich dabei keine ein, humorlos ist die Arbeit dennoch nicht, Birds Witz ist halt eher sophisticated, passt zur stimmungsvollen Musik.

Leicht und schwer zugleich

Bird streicht seine Geige, zupft sie und pfeift dazu. Aber nie über die Maßen, im Gegenteil. Diese Kunstgriffe verleihen den Songs an den richtigen Stellen eine Leichtigkeit, die der thematischen Schwere gut ansteht: Der Sisyphus im gleichnamigen Song tut sich bei seiner Gottesstrafe gleich leichter, wenn Bird sein ewiges Tun mit einem lockeren Pfiff versieht.

Gottesstrafe mit Pfiff abgemildert.
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Eingespielt wurde die Platte live im Studio, auch das arbeitet der legeren Atmosphäre gut zu. Von Birds ausgewiesener Country-Vorliebe ist das Album weitgehend frei, früher einmal, da hat er ganze Alben mit Songs der befreundeten Band The Handsome Family nachgespielt, hier verlässt er sich auf Balladen ohne Karohemden und tut gut daran. (Karl Fluch, 28.3.2019)