Kriegsspiele in Rabkot im Südoman am Donnerstag: Die Royal Army of Oman (RAO) demonstriert, was sie mit den US-Marines seit Jänner in einem mehrwöchigen gemeinsamen Manöver, genannt "Inferno Creek 19", geübt hat. Diese Militärübungen finden routinemäßig statt und sind auch keineswegs exklusiv. Auch mit der iranischen Marine gibt es regelmäßige Manöver auf See. Aber diesmal ist es doch etwas anders. Denn die US-Militärs haben ihr Gastrecht im Sultanat soeben ausgebaut: In einem strategischen Abkommen sicherten sich die Amerikaner den Zugang zu den Häfen in Duqm, gut 500 km südlich der Hauptstadt Maskat, und in Salalah.

Die Nachrichtenagenturen zitieren einen US-Offiziellen, der auf ein "Netzwerk von Straßen in die weitere Region" verweist, das von diesen Häfen ausgehe. Der anonyme Sprecher versucht gar nicht zu verbergen, dass dies besonders im Lichte der iranischen Drohungen, die Straße von Hormus zum Persischen Golf zu sperren, nützlich werden könnte. Die Frage, die sich nicht nur Teheran stellen wird, lautet demnach: Verlässt das Sultanat Oman damit seinen Pfad der Äquidistanz zu allen Akteuren in der Region und darüber hinaus, die bisher sein Markenzeichen waren? Ist damit Maskats "special relationship" zu Teheran am Ende?

Nicht unbedingt: Aber dass der Druck wächst und der schwer kranke 78-jährige Sultan Qabus bin Said Al Said im 49. Jahr an der Macht sein Land mit Allianzen mit mächtigen Freunden abzusichern versucht, ist nicht zu übersehen.

Alleingang im Golfkooperationsrat

Jahrelang hat sich Qabus gegen die strategischen Wünsche gesträubt, die Saudi-Arabien an alle Mitglieder des Golfkooperationsrats (GCC), damit auch Oman, herantrug: Er hatte die Beziehungen zu Damaskus auch nach 2011 nicht abgebrochen und keine Rebellengruppen in Syrien unterstützt; er hatte bei der 2015 begonnenen Offensive gegen die Huthi-Rebellen im Jemen genauso wenig mitgemacht wie 2017 beim Boykott gegen Katar. Und mit seinem Beitritt zur saudisch-geführten Antiterror-Allianz IMCTC (Islamic Military Counter Terrorism Coalition) ließ sich Oman zumindest ein Jahr Zeit.

Die daraus resultierenden Klagen Saudi-Arabiens und der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Oman würde sich nicht um die Sicherheitsinteressen der Golfaraber kümmern, sind jedoch nicht neu. Sie erhielten vor allem 2013 Auftrieb, als bekannt wurde, dass das Sultanat Gastgeber amerikanisch-iranischer Geheimgespräche war, aus denen die Wiener Atomverhandlungen hervorgingen. Seitdem sei der wirtschaftliche Druck vonseiten Riads und Abu Dhabis ständig gestiegen, klagt man seinerseits in Maskat, und das in Zeiten, die ökonomisch für das Sultanat ohnehin schwierig genug sind, wie auch die Bewertungen der Rating-Agenturen zeigen.

Chinesische Investitionen, von denen man viel erwartete – etwa auch im Hafen von Duqm – haben den Umschwung nicht gebracht. Der erhoffte Profit von der Nähe zu einem von den Sanktionen befreiten Iran ist ausgeblieben: Da hat US-Präsident Donald Trump durch seinen Austritt aus dem Atomdeal mit dem Iran einen Strich durch die Rechnung gemacht. Profitieren konnte Oman allerdings von der Katar-Blockade Riads und Abu Dhabis: Für Katar bestimmte Waren gehen oft über omanische Häfen.

Wieder einmal ein "Spionagering"

Es ist aber nicht nur der wirtschaftliche Druck, der Maskat zu schaffen macht, sondern eine allgemeine strategische Unsicherheit. Vergangene Woche wiederholte sich eine Geschichte, die man bereits einmal 2011, in Zeiten des damaligen Arabischen Frühling – der in Oman heftigere Demonstrationen zeitigte, als allgemein erwartet wurde – gehört hatte: In Oman wurde ein "Spionagering" entdeckt, hieß es. Der omanische Außenminister Yusuf bin Alawi zeigte mit dem Finger auf ein "Nachbarland". Jeder weiß, wer gemeint ist: die Vereinigten Arabischen Emirate.

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Seit 49 Jahren im Oman an der Macht: Sultan Qabus bin Said Al Said.
Foto: Reuters/AFP

Die Beziehungen zwischen Abu Dhabi und Maskat sind immer wieder angespannt, im Oman wirft man den Nachbarn nicht weniger vor, als sich für die Zeit nach dem Tod von Sultan Qabus Einfluss und vielleicht sogar Territorium sichern zu wollen. Dabei geht es vor allem um die omanische Enklave Musandam, eine kleine Halbinsel an der Nordspitze des emiratischen Territoriums am Golf und damit an der Straße von Hormus. Auf emiratischen Landkarten wird schon einmal vergessen einzuzeichnen, dass Musandam nicht zu den Emiraten gehört: etwa auf einer Darstellung im Louvre Abu Dhabi. Maskat wirft den Emiraten auch vor, dass sie versuchen, sich die im Gouvernement ansässigen Stämme Liebkind zu machen und sie mit der emiratischen Staatsbürgerschaft zu ködern.

Nebenbei ist ein manchmal skurril anmutender Streit um Geschichte und Kultur entstanden: etwa über die Frage, ob die arabische gesungene Dichtkunst Al-Azi omanisch oder emiratisch ist oder ob die altertümliche Magan-Kultur auf omanischem oder emiratischem Boden beheimatet war. Da die Emirate ein sehr junger Staat sind (gegründet 1971), drehen die Omaner auch gerne den Spieß um und sagen, eigentlich sei zumindest der östliche Teil der Emirate ja omanisch.

Erinnerung an den Dhofar-Aufstand

Sorgen machen sich die Omaner aber auch über ihren Süden, das Gebiet an der Grenze zum Südjemen, wo der Einfluss der UAE seit deren Kriegseintritt in den Jemen-Konflikt 2015 stark gewachsen ist. Auch dort befürchtet der Oman emiratische Begehrlichkeiten, wobei historische Erfahrungen bei der Verunsicherung eine Rolle spielen: Den Aufstand in der Provinz Dhofar (1963-1976), damals von kommunistischen Kräften – heute wären es wohl Islamisten –, hätte Oman nicht ohne Unterstützung von außen, vor allem der Briten, niederschlagen können. Aber auch die Emirate und Saudi-Arabien trauen ihrerseits den Omanern nicht über den Weg: Wenngleich Oman ja sogar Austragungsort von Jemen-Verhandlungen war, kommt immer wieder der Vorwurf, Maskat würde die Huthi-Rebellen unterstützen oder zumindest favorisieren.

Oman wird zu Recht als Vermittler hoch gelobt. Allerdings wird oft vergessen, dass die omanischen Mediationen nicht aus einer wirklichen Position der Stärke heraus stattfinden, sondern gerade deshalb, weil das Sultanat so verletzlich ist und durch jede regionale Destabilisierung gefährdet wird. Das galt nie mehr als jetzt: Das gesamte nationale Narrativ ist rund um die Figur von Sultan Qabus gebaut; sein Nachfolger, der erst nach Qabus' Tod bekannt – oder vielleicht sogar ermittelt – wird, muss sich diese Legitimation erst erarbeiten.

Deshalb scheint es für Maskat wohl logisch, sich auf alle Fälle strategisch stärker aufzustellen – indem man die militärischen US-Interessen im Oman stärkt. Aber auch proaktiveres Auftreten gehört dazu. Ein Beispiel wäre Sultan Qabus' sehr persönlicher Empfang von Israels Premier Benjamin Netanjahu und dessen Ehefrau Sarah vergangenen Oktober. Andererseits riskiert Sultan Qabus damit, dass Ressentiments gewisser Gruppen im Land gegen ihn wachsen. Auch die nationale Zugehörigkeit zur Ibadiya, einer Sonderentwicklung des Islam, schließt ja einen Teil der Bevölkerung aus. In den vergangenen Jahren ist die innere Repression gestiegen. Dass das Potenzial auch für gewaltsame Proteste im Oman vorhanden ist, weiß man seit spätestens 2011. (Gudrun Harrer, 31.3.2019)