Wer eine Koalition mit der FPÖ eingeht, muss wissen, was ihn erwartet: Rechtsextremismus, Hetze, bedenkliches Demokratieverständnis.

Sebastian Kurz hat es trotzdem getan. Möglich, dass er sich dachte, er könne die FPÖ schon im Zaum halten; möglich, dass er (auch aus historischem Unwissen) nicht voll realisiert (realisieren will), was die FPÖ ist; möglich, dass er nicht viel anders denkt als die FPÖ.

Wie auch immer – es ist ein Punkt erreicht, wo die Natur der FPÖ klar zutage tritt. Von nun an muss sich Sebastian Kurz fragen, wie er sich weiter zu verhalten gedenkt.

Bei Rechtsstaatsverbiegung (präventive Sicherungshaft) und Bösartigkeit gegen Migranten (Zwangsarbeit für Asylwerber, 1,50-Euro-Löhne, "Ausreisezentren") hat Kurz noch anstandslos mitgemacht. Nun werden aber die engen Verbindungen der FPÖ zu Rechtsextremen wie den Identitären im Gefolge der Spende des Christchurch-Attentäters an Identitären-Chef Sellner unleugbar manifest. Strache versucht zu leugnen ("Haben mit Identitären nichts zu tun"), aber das ist höchstens ein zorniges Lachen wert. Die personellen und ideologischen Verbindungen (mit der gemeinsamen Klammer der schlagenden Burschenschaften) füllen Bände.

Dazu kommt, dass Kurz mit Kickl einen FPÖler mit fragwürdigem Hintergrund als Innenminister zugelassen hat. Innenminister Herbert Kickl war 2016 (noch als FP-Generalsekretär) Hauptredner bei einem Kongress von Rechtsextremen ("Verteidiger Europas"). Das sind genau die Leute, die den "großen Austausch" daherfantasieren. "Das ist ein Publikum, wie ich es mir wünsche", sagte Kickl (Youtube). Der Verfassungsschutz wurde zerschlagen, sicherheitspolitische Schlüsselstellen werden mit strammen Rechten besetzt.

Paranoia und Populismus

Das wird nicht aufhören. Das andere Problem von Kurz umreißt der bürgerliche Journalist Christoph Kotanko im "Trend" so: "Mit Paranoia und Populismus kommt man nicht weiter. Kurz hat tief gehende Reformen versprochen. Jetzt sollte er sie machen."

Die FPÖ wird sich nicht ändern, allen herzigen Papamonat-Interviews mit Strache zum Trotz. Daraus ergeben sich zwei Möglichkeiten: Entweder zieht Kurz mittelfristig die Reißleine, verwandelt seine beachtliche Popularität bei Neuwahlen in 40+ Prozent und macht mit gleichfalls erstarkten Neos eine neue Koalition (unter Umständen auch mit einer SPÖ unter neuer Führung).

Oder er bleibt bei der FPÖ, gibt für deren antidemokratischen und menschenfeindlichen Wahnsinnstrip den immer mühsameren Schönredner ab. Das wird nicht gutgehen. Österreich ist ein strukturell konservatives Land, aber es will auch nicht ständige gehässige Polarisierung. Beträchtliche Teile der ÖVP-Wählerschaft, vor allem aus dem katholischen Bereich, und aus dem Bürgertum betrachten das alles bereits mit wachsendem Unbehagen.

Kurz sollte nach Großbritannien blicken: Das Brexit-Chaos geht einzig darauf zurück, dass die britischen Konservativen der Versuchung des Rechtspopulismus erlegen sind.

Update:

Kanzler Kurz sprach davon, man müsse überlegen, die "Identitären" zu verbieten. Strache richtet ihm am Freitag aus, er könne sich damit brausen gehen: "Das hat der Kanzler gesagt, nicht ich". Wegen der Spende des Attentäters werde man doch nicht so brave Burschen verbieten. (Hans Rauscher, 29.3.2019)