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Was ging ihnen wohl durch den Kopf, den Schülern aus der Tourismusschule Bad Ischl, die am Mittwoch zu Gast auf der Zuschauertribüne im Parlament waren? Was dachten sie sich, als sie hörten, wie abfällig sich jene Ministerin, die für Armutsbekämpfung zuständig ist, über Familien äußerte, die an der Armutsgrenze leben? Was empfanden sie, als Sozialministerin Beate Hartinger-Klein behauptete, dass viele dieser Menschen Ausländer seien, die "Sozialleistungen in einer Höhe beziehen, die von durchschnittlichen Arbeitnehmern (...) niemals erreichbar sind"? Dass es sich dabei "meist um Familien aus dem afrikanischen und arabischen Raum" handle? Dass diese Familien nicht nach Europa kamen, weil sie in ihren Herkunftsländern nicht länger bleiben konnten, sondern nur, um der Allgemeinheit im "Sozialmagnet" Österreich auf der Tasche zu liegen?

Vielleicht waren sie verblüfft, dass ein Mitglied der Bundesregierung es wagt, im Parlament auf derart offene Weise Hass gegen Menschen zu schüren, die von der Unterstützung dieser Politikerin abhängig sind.

Vielleicht waren die Schüler aber auch gar nicht überrascht, vielleicht haben sie nichts anderes erwartet. Sie haben es wohl einfach schon zu oft erlebt, dass Politiker den offen zur Schau gestellten Hass und Neid gegen schwächere Gruppen nicht nur dulden, sondern selbst mit aller Kraft verbreiten. Gut möglich, dass sie das Märchen von den Ausländerbanden, die nur hierherkommen, um uns alle auszunützen, schon so oft gehört haben, dass sie begonnen haben, selbst daran zu glauben. Vielleicht verbreiten sie diese Lügen selbst in ihren eigenen Medienkanälen und sind immun gegen alle Fakten, die diese These widerlegen. Denn warum sollte es falsch sein, wenn alle es wieder und wieder behaupten – bis hin zur Sozialministerin am Rednerpult im Parlament?

Ausgrenzungspolitik

Nun ist der Inhalt alles andere als neu, Rassismus ist keine Erfindung der FPÖ unter Heinz-Christian Strache, Ausgrenzungspolitik ist kein türkis-blaues Patent. Der Hass ist alt, er war immer da – ihn aber so unverblümt hinauszutragen ist akzeptierter als zuvor. Was vor ein paar Jahren noch für Entrüstung sorgte, ist heute alltäglich. Jene, die offen hetzen, müssen oft nicht mit Widerstand rechnen, sie wiegen sich in der Sicherheit, von Gleichgesinnten Applaus für die verbale Gewalt zu erhalten, und vertrauen darauf, dass die Andersdenkenden ihr Unwohlsein lieber schweigend hinnehmen, weil sie glauben, der fünfzigste Aufschrei bringe ohnehin nichts mehr.

Wie normal die Verrohung der Sprache geworden ist, merken wir zum Beispiel dann, wenn ein FPÖ-Abgeordneter über Gewerkschafter in obszönen Worten spricht. Dann wundern wir uns plötzlich, wie abfällig im Parlament gesprochen werden darf. Aber die Hassrede gegen jene Gruppen, an deren Beschimpfung wir uns gewöhnt haben, jener Hass, der zuletzt im neuseeländischen Christchurch einen 50-fachen Mörder angetrieben hat, ist längst zum Hintergrundrauschen verkommen.

Den Populisten nützt das. Sie schüren Angst, um sich danach selbst als Retter präsentieren zu können. Einzig und allein um diesen Machtzuwachs geht es ihnen – und nicht etwa darum, an einer besseren Zukunft zu arbeiten, in Verantwortung für jene Jugendlichen, die am Mittwoch im Parlament ihre Lektion in österreichischem Parlamentarismus erhalten haben. (Maria Sterkl, 29.3.2019)