Bildungswissenschafter Stefan Hopmann war selbst Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Bifie.

Foto: Parlamentsdirektion/Bildagentur Zolles AG / Jaqueline Godany

Wien – Aus dem 2008 vom Nationalrat eingerichteten Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation & Entwicklung des österreichischen Schulwesens alias Bifie wird eine "nachgeordnete Dienststelle" im Bildungsministerium. Neuer Name: Institut des Bundes für Qualitätssicherung im österreichischen Bildungswesen (IQS).

Was ist davon zu halten? Von der Opposition kam Kritik. Die SPÖ-Bildungssprecherin und vormalige Bildungsministerin Sonja Hammerschmid sieht ein "schwarz-blaues Gängelband für evidenzbasierte Bildungspolitik". Neos-Bildungssprecher Douglas Hoyos fordert "für echte Qualitätssicherung und Evaluierung eine externe und unabhängige Einrichtung und keine Dienststelle im Ministerium".

Faßmann versichert Unabhängigkeit

Bildungsminister Heinz Faßmann (parteifrei im ÖVP-Team) hatte bei der Präsentation beteuert, dass die Erhebungen des neuen Instituts wie bisher nach wissenschaftlich unabhängigen Kriterien erfolgen und die Ergebnisse "weder geschönt noch verzerrt" würden. Die Unabhängigkeit werde im Gesetz festgeschrieben und auch künftig von einem wissenschaftlichen Beirat, den er nominieren wird, überwacht werden.

"Dadurch wird die wissenschaftliche Unabhängigkeit nicht sichergestellt", entgegnet Bildungswissenschafter Stefan Hopmann von der Uni Wien im STANDARD-Gespräch. Er war selbst Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des Bifie: "Auf konkrete Ergebnisse und den Spin der Ergebnisse hat so ein Beirat überhaupt keinen Einfluss. Er kann nur schauen, ob die technischen Unfug machen. Aber den machen sie sowieso nicht. Technisch sind die da im Bifie gut."

"Berichten, was gehört werden soll"

Was also bringt die Umwandlung in eine ministerielle Dienststelle? "Es wird eine nachgeordnete Statistikverwaltung, die zu berichten hat, was gehört werden will. Es geht um Message-Control, und die spielt im postfaktischen Zeitalter ja eine große Rolle." Hopmann sieht ein "Muster, so ähnlich wie beim Kampf um die Statistik Austria". Diese Institution soll ja, wie DER STANDARD berichtete, künftig enger an das Bundeskanzleramt angedockt werden.

Angesichts dieses türkis-blauen Plans forderten unlängst 330 Forscherinnen und Forscher in einem offenen Brief an Minister Faßmann, dass er sich für die Unabhängigkeit der Statistik Austria einsetzt, damit diese "weiterhin ohne politische Einmischung valide und zuverlässige Daten generieren und analysieren kann".

Fragwürdige Konstruktion von Anfang an

Die Unabhängigkeit des Bifie war allerdings von Anfang eine relative oder prekäre. Das haben Hopmann und andere Expertinnen und Experten schon bei der Entstehung des großkoalitionär ausverhandelten Bifie-Gesetzes als prinzipiellen Konstruktionsfehler kritisiert: "Wenn so eine Datenproduktion unter politischer Kontrolle steht, ist klar, was rauskommt", sagt Hopmann: "Wenn Evaluation und Schulforschung einen Sinn haben sollen, dann müssen sie unabhängig sein. Wenn das an einer Universität passiert, dann wäre das unabhängig." Ob Pisa-Studie oder Bildungsstandardtests – alle wären auch an Uni-Instituten möglich.

Das Bifie war aber nie an einer Uni angesiedelt – "insofern ist die Eingliederung ins Ministerium nur konsequent, aktuell eben unter ÖVP-Ägide", sagt Hopmann unter Verweis auf "politische Übergriffe" schon in der rot-schwarzen Zeit und mit SPÖ-Ressortchefinnen. So sei dem Bifie etwa in der Anfangszeit "die Veröffentlichung von Ergebnissen schlicht untersagt worden", die Teilnahme an der internationalen Lehrerstudie Talis 2013 wurde von der Politik abgesagt, und die Vorarbeiten zum Design der Neuen Mittelschule waren von vornherein sehr klein angelegt. (Lisa Nimmervoll, 1.4.2019)