Wien – Kann die Sanierung des Volkstheaters trotz der jüngsten Unstimmigkeiten zwischen Stadt Wien und Bund wie vorgesehen über die Bühne gehen, wird im Jänner die Halle E des Museumsquartiers als Ausweichquartier bezogen. Im Gegensatz zu dem vor der Verschiebung des Umbaus vorgesehenen Ersatzquartier Odeon kann hier im Repertoirebetrieb gespielt werden, sagte Direktorin Anna Badora.

Das Programm der letzten von Badora geplanten Spielzeit soll am 8. Mai bekanntgegeben werden. Laut Letztstand der Planungen werde man normal im sanierungsbedürftigen Haus starten und im Dezember ins Ersatzquartier übersiedeln. Neben der Halle E, für die man zudem auch auf eine Koproduktion mit den Wiener Festwochen hofft, wird auch für die Nebenspielstätte Volx/Margareten und das Volkstheater in den Bezirken geplant.

Verspäteter Antritt

Die nächste Direktion wird ihre erste Saison mit Sicherheit erst um einige Wochen verspätet beginnen können. Wer jedoch das Haus künftig leiten wird, ist ungewisser denn je: Der Findungsprozess wurde vor wenigen Tagen gestoppt. Sie freue sich, dass die Findungskommission nun zusätzlichen Finanzierungsbedarf von drei Millionen Euro jährlich anerkannt habe, sagte Badora, erinnerte aber daran, auf die Unterdotierung stets hingewiesen zu haben. "Ich habe in den vergangenen zwei Jahren vergeblich versucht, eine Diskussion über die grundlegenden Mängel in Gang zu bringen. Schade, dass das erst jetzt im letzten Moment zum Thema wird, nachdem man monatelang über mögliche neue inhaltliche Ausrichtungen diskutiert hat."

In einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "profil" sagt Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ): "Realistisch wäre, dass die Stadt an die zwei Millionen Euro übernimmt, der Bund den Rest." Sie habe "vonseiten des Bürgermeisters ein positives Signal bekommen und gehe davon aus, dass wir bald wieder Gespräche mit den Bewerbern aufnehmen können." Die Signale des Bundes sehen freilich anders aus.

ÖGB-Einfluss sichergestellt

Die ihm zugedachte höhere Verantwortung für das Haus lehnt der Bund glatt ab. Während in der nächsten Sitzung des Stiftungsbeirats der 1999 gegründeten Volkstheater Privatstiftung die Stadt Wien zusätzlich zu ihrem bisherigen Vertreter Dieter Boyer zwei weitere Mitglieder entsenden wird, wird der Bund von diesem ihm durch eine Änderung der Stiftungsurkunde im Dezember 2018 eingeräumten Recht keinen Gebrauch machen.

Der ÖGB pocht darauf, rechtlich durch die Stiftung (Stifter sind der mittlerweile aufgelöste Verein Deutsches Volkstheater, der Restitutionsfonds der Freien Gewerkschaften und der ÖGB) die Eigentümerschaft abgegeben zu haben. Laut Stiftungsurkunde ist allerdings sein Einfluss weiter sichergestellt: Der für die wesentlichen Entscheidungen verantwortliche Stiftungsvorstand wird durch den Beirat bestellt. Dieser Beirat wählt alleine aus den sechs vom ÖGB nominierten Mitgliedern einen Vorsitzenden, dem bei Stimmengleichheit ein Dirimierungsrecht zukommt. Anders gesagt: Egal ob der Bund nun ein oder drei Mitglieder entsendet, wird auch im künftigen Beirat gegen den Willen der vom ÖGB entsendeten Mitglieder kein Vorstand gewählt werden können.

Auf Transparenz legt man in der Volkstheater-Privatstiftung übrigens wenig Wert: "Sämtliche Mitglieder der Stiftungsorgane sind zur Verschwiegenheit über sämtliche ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit bekannt werdenden Umstände der Stiftung verpflichtet", heißt es in der Stiftungsurkunde. "Diese Geheimhaltungsverpflichtung besteht auch nach dem Ausscheiden als Organmitglied fort." (APA, 2.4.2019)