Nachdem sich herausgestellt hat, dass der Attentäter von Christchurch eine beachtliche Spende an die Identitäre Bewegung geleistet hat und auch in seinem "Manifest" auf diese Bezug nahm, ist die vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes als rechtsextrem eingestufte Gruppierung zum politisch heißen Eisen geworden.

Auch in der Regierung sorgten insbesondere Verbindungen zwischen der Bewegung und der FPÖ für Turbulenzen. In einem Interview mit den "Oberösterreichischen Nachrichten" und auf Facebook forderte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) seinen Koalitionspartner auf, "klar Position" zu beziehen und "jede Art der Verflechtung" aufzulösen, da "radikale Ideologien" keinen Platz in der Gesellschaft hätten.

Körperverletzung, Waffenverbot, verweigerte Einreise

Aussagen, die auf einige Zustimmung, aber auch auf vehemente Ablehnung stießen. Das Facebook-Posting zog zahlreiche Nutzer an, die den Identitären das Wort redeten. Einige Hinweise gab es darauf, dass weder diese als Verein noch Martin Sellner als führender Kopf rechtskräftig verurteilt worden seien und ausschließlich gewaltfrei agieren würden.

Tatsächlich wurden bereits Mitglieder als Folge von Aktionen verurteilt – etwa wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung. So hatte ein Identitärer bei einer Aktion an der Universität Klagenfurt dem Rektor in den Bauch geschlagen, was ihm laut Urteil des Grazer Straflandesgerichts eine Strafe von 720 Euro einbrachte. Vom Vorwurf, eine kriminelle Vereinigung zu sein, wurde die Bewegung damals freigesprochen.

Für Sellner selbst galt seit 2017 ein Waffenverbot, nachdem er in einer Wiener U-Bahn-Station – vorgeblich, um sich zu wehren – eine Pfefferspraypistole abgefeuert hatte. Dieses wurde laut einem von ihm im März 2019 veröffentlichten Youtube-Video nunmehr wieder aufgehoben. Weiters wird ihm von den britischen Behörden die Einreise nach Großbritannien untersagt. Auf Anordnung der Grazer Staatsanwaltschaft laufen mittlerweile Terrorermittlungen.

Screenshot: Facebook

Soros-Verschwörung und Breivik-Vergleiche

Für viele Facebook-User unter Kurz' Posting ist die Distanzierungsaufforderung dennoch nicht nachvollziehbar. Eine Userin vermutet, die ÖVP beuge sich dem "linken internationalen Druck" und bringe sich damit um Wähler. Auch manch eigenwilliger Vergleich wird vorgebracht: "Ist die Greisslerin, bei der sich der Breivik vor dem Massaker die Jausensemmel gekauft hat, auch jetzt als Terrorhelferin geächtet?", fragt ein Kommentator.

Screenshot: Facebook

Manche wittern auch eine weiterreichende Verschwörung. "Langsam zeigt sich das wahre Gesicht von Kurz. Er ist doch ein Soros-Abkömmling, dies wird immer deutlicher", heißt es in einem Posting. "Ich bekomme das dumme Gefühl nicht weg, dass da andere Kräfte dahinter stecken, die unbedingt Sand ins Getriebe dieser Regierung werfen wollen", so ein anderer Beitrag.

Screenshot: Facebook

Eine Reihe von Kommentatoren verurteilt das Statement wiederum als politisches Manöver. "Europawahlen – der FPÖ muss geschadet werden, und die spielen noch mit", lautet ein Kommentar, garniert mit "Facepalm"-Emoji. (red, 2.4.2019)

Update, 24.05.: Laut Martin Sellner ist das Waffenverbot gegen ihn mittlerweile wieder aufgehoben worden. Dies wurde im Artikel ergänzt.