Die Reaktionen der Protestbewegung in Algerien nach der Rücktrittsankündigung von Präsident Abdelaziz Bouteflika am Montag waren verhalten. Dabei hat sie ihr erstes Ziel erreicht: Es gibt für den kranken 82-Jährigen, der Algerien seit 1999 regierte, nicht nur keine fünfte Amtszeit, wie er ursprünglich wollte, sondern auch keine verlängerte vierte. Sein Rücktritt am Dienstag kam noch früher als erwartet. Aber längst haben sich die Demonstrierenden auf eine Forderung festgelegt, die weit darüber hinausgeht: Sie wollen ein byzantinisches – undurchsichtiges, erstarrtes, korruptes – System loswerden und befürchten, dass nur der Frontmann ausgetauscht wird.

Typisch für solche Erhebungen ist, dass in diesem kritischen Moment ihre Stärke zu einer Schwäche zu werden droht: Gerade weil die Ziele bisher negativ formuliert wurden – man weiß, was man nicht mehr will –, konnte man ein breites Spektrum der Gesellschaft zusammenbringen. Aber es gibt weder Klarheit darüber, wie ein Übergangsprozess aussehen soll, noch darüber, was genau an dessen Ende stehen soll.

Auch die etablierte Opposition genießt kein breites Vertrauen. Immerhin misstrauen – anders als 2011 in den Ländern des Arabischen Frühlings – die meisten Algerier, vom Bürgerkrieg der 1990er gezeichnet, auch den Islamisten. Aber ob die demokratischen Kräfte eine Chance haben, wird davon abhängen, ob die mächtige Armee, die auch den Rücktritt Bouteflikas orchestriert hat, ein Einsehen hat.. (Gudrun Harrer, 2.4.2019)