Graz – Was mag in ihm vorgehen? Keine Emotion bewegt sein Gesicht, starr sitzt der Mediziner Eduard Lopatka neben seiner Anwältin und starrt auf den Monitor im Gerichtssaal, der seine Tochter zeigt, die weinend abgrundtiefe Details jener Leiden schildert, die ihr der Angeklagte vor Jahren zugefügt haben soll. Dem Arzt wird vorgeworfen, seine vier Kinder über Jahre gequält zu haben.

Der Richter, der in das Kamerazimmer für die kontradiktorische Vernehmung gewechselt ist, fragt die Tochter um Details jener quälenden Ereignisse, die sie als Kind wahrgenommen habe. Ihre leise, in den Grazer Gerichtssaal übertragene Stimme erzählt von grauenhaften Selbstmorddrohungen des Vaters, wie er sich die Pistole an die Schläfe gedrückt habe und die Polizei gekommen sei, als er sich erhängen wollte.

"Ständig in Angst gelebt"

Sie habe ständig in der Angst gelebt, dass er – den sie nie "Papa" oder "mein Vater", nur "Eduard" oder "Ed" nennt – "sich oder uns was antut". Eines Tages sei er, nachdem er sich wieder "eingespritzt" habe, "ganz langsam heruntergekommen, er hat eine Hand hinten versteckt gehalten und so ein Grinsen gehabt. Jetzt ist es vorbei, jetzt erschießt er uns, dachte ich." Er habe aber nur "Angst einjagen wollen". Der Richter: "Haben Sie ihm auch Spritzen gesetzt?" Die Tochter: "Ja, einmal hat er mich gerufen, er lag im Bett, halb im Koma. Sein Gesicht war schon total verzogen, ein grausliches Bild. Ich hab aber die Vene nicht gefunden. Da ist er zwider geworden."

Der Richter: "Haben Sie gesehen, dass er sich selbst verletzt hat?" Sie beschreibt, wie sie ihm einen Schraubenzieher aus dem Bauch ziehen musste. "Und einmal ist er zum Esstisch gekommen und hat uns stolz das Eingeritzte gezeigt." – "Was haben Sie sich gedacht?", fragt der Rat. Ihre knappe Antwort: "G'stört."

"An den Haaren herbeigezogen"

"Haben Sie sich auch geritzt?", fragt der Richter. "Ja", flüstert die junge Frau, "Ich war so um die zwölf. Am Unterarm. Geritzt. Er hat gemeint, dass ich schuld bin, dass es der Mama so schlecht geht." Wenig später, nachdem der Richter zurückgekehrt ist, meldet sich der Arzt zu Wort: Nein, niemals habe er sich die Pistole angesetzt und derart massiv mit Selbstmord gedroht. Auch Vorwürfe, er habe Cannabis oder Drogen genommen, stimmten einfach nicht. Vieles sei "an den Haaren herbeigezogen, absoluter Blödsinn".

Minuten zuvor hat die Tochter in der Schlusssequenz gemeint: "Er hätte uns erlösen können."

Der Richter: "Wodurch?"

Die Tochter: "Wenn er sich umgebracht hätte."

Die Exfrau und Mutter der Kinder wird am 16. April befragt. (Walter Müller, 2.4.2019)