Prag/Wien – Der tschechische Präsident Miloš Zeman will mit seinen österreichischen Gesprächspartnern vor allem über Verkehrsthemen sprechen. "Schlüsselthema wird die Verkehrsinfrastruktur sein. Für uns ist vor allem die Fertigstellung der Autobahnverbindungen Brünn–Wien und Prag–Budweis–Linz wichtig", sagte sein Sprecher Jiří Ovčáček. Auch das Projekt Donau-Elbe-Oder-Kanal dürfte zur Sprache kommen.

Die Beziehungen zwischen Österreich und Tschechien seien "auf ausgezeichnetem Niveau". Und Ovčáček ergänzte: "In einer Reihe von Themen sind wir echte Verbündete. An einer engen und freundschaftlichen Zusammenarbeit mit Österreich liegt uns viel."

Zemans Besuch in Wien begann bereits am Dienstag am späten Nachmittag mit einem Treffen mit Auslandstschechen in der tschechischen Botschaft. Zeman erklärte dabei, dass er sich bei Auslandsbesuchen am liebsten mit tschechischen Landsleuten treffe, weil diese ein Bindeglied zwischen den Völkern darstellen, wie die Nachrichtenagentur ČTK berichtete. Laut Botschafterin Ivana Červenková leben rund 40.000 Menschen tschechischen Ursprungs in Österreich.

Atomkraft in Grenzregion

Zeman, der von Verkehrsminister Dan Ťok und Wirtschaftsministerin Marta Nováková nach Wien begleitet wurde, trifft am Mittwoch Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Dabei wird es um die bilateralen Beziehungen und EU-Themen gehen, hieß es aus der Präsidentschaftskanzlei im Vorfeld. Infrastruktur im Grenzbereich werde ein Thema ebenso wie die Atomkraft.

Tschechien setzt auf Atomkraft. Das Land hat zwar den Ausbau des südböhmischen AKW Temelín unlängst gestoppt. Geplant ist allerdings weiterhin der Ausbau des südmährischen AKW Dukovany. Dieses Kraftwerk liegt rund 100 Kilometer nördlich von Wien und nur 35 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt.

Am Donnerstag trifft Zeman Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ) zu einem eher "privaten Treffen", wie sein Sprecher Volker Höferl der APA mitteilte. Hofer kenne Zeman "aus dem Präsidentschaftswahlkampf, weil er ihn unterstützt hat", sagte der Sprecher. Zeman hatte sich vor der Stichwahl 2016 gegen Van der Bellen positioniert: "Ich leugne nicht, dass ich ein Fan von Herrn Hofer bin, weil ich die Partei der Grünen nicht mag", hatte er gesagt.

Beziehung zur FPÖ gewandelt

Die Beziehungen zwischen Zeman und der FPÖ waren nicht immer so gut. Die FPÖ leitete das Anti-Temelín-Volksbegehren ein, nachdem das AKW im Jahr 2000 in Betrieb genommen worden war. Das Volksbegehren forderte, dass Tschechien erst der EU beitreten dürfe, wenn Temelín stillgelegt werde. Zeman, Regierungschef zu jener Zeit, sah das sehr kritisch. "Nur jemand, der nicht informiert ist – ich vermeide den Begriff Idiot –, kann dieses Volksbegehren unterstützen", meinte er damals. 915.220 Österreicher unterschrieben. Temelín wurde dennoch nicht stillgelegt. Tschechien trat im Jahr 2004 der Europäischen Union bei.

Die Regierung Zeman beteiligte sich im Jahr 2000 außerdem an den EU-"Sanktionen" gegen die schwarz-blaue Regierung. Der damalige Premier nannte die FPÖ die "extreme Rechte von Jörg Haider". Solange eine Partei wie die FPÖ in der Regierung eines EU-Landes sitze, würden die Prinzipien der Union bedroht und gefährdet, meinte Zeman im Nullerjahr.

Die FPÖ heute sei eine andere Partei als damals, erklären tschechische Diplomatenkreise den Meinungsumschwung. Früher immer wieder von der FPÖ eingefordert, verlangte Hofer etwa im September 2016 bei einem Treffen mit Zeman auf der Prager Burg keine Entschuldigung Tschechiens für die Vertreibung und Enteignung der Sudetendeutschen nach 1945. Stattdessen wurden die Gemeinsamkeiten betont: Einigkeit gebe es in der Haltung zu Migration, hieß es.

Warten auf A5

Was die angesprochenen Verkehrsverbindungen betrifft, ist laut Asfinag noch nicht abschätzbar, wann die S10 und die A5 in den Vollbetrieb gehen können. Die Strecke von Linz nach Freistadt sei ausgebaut, ein weiteres Teilstück geplant. Es gebe bei Wullowitz allerdings nur wenige Grenzübertritte, 2016 waren es 6.000, sagte Thomas Grünstäudl, Abteilungsleiter Planung und Projektleiter Organisationsentwicklung der Asfinag auf Anfrage der APA.

Anders beim Grenzübergang Drasenhofen, den täglich knapp 10.840 Fahrzeuge (Stand 2017) passieren. Hier werde ab Herbst 2019 die Umfahrung Drasenhofen in Betrieb gehen und damit bis dahin ohne Ortsdurchfahrt befahrbar sein. Die Umweltverträglichkeitsprüfung für das letzte Teilstück zur Grenze werde "abgewickelt". Wann immer Tschechien die Genehmigungsverfahren abgeschlossen habe, könnte auch Österreich das letzte Teilstück fertigstellen, hieß es bei der Asfinag.

Zeman möchte außerdem über den Wasserkorridor Donau-Oder-Elbe-Kanal sprechen, der die Donau mit der Ost- und Nordsee verbinden soll. Ein Schifffahrtsweg, der Donau und Oder verbindet, wäre laut einer tschechischen Studie technisch machbar und auch rentabel. Die Kosten wurden auf umgerechnet rund 10,9 Milliarden Euro geschätzt, wie das Verkehrsministerium in Prag 2018 mitteilte. Eine zusätzliche Anbindung an die Elbe würde die Kosten mehr als verdoppeln – auf umgerechnet rund 23 Milliarden Euro. Dafür seien lange Wasserstraßentunnel erforderlich. (APA, 3.4.2019)