Auf EU-Ebene steckt das Projekt Digitalsteuer fest, Österreich geht allein vor.

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"Was Europa nicht schafft, schafft Österreich", so lautet die Parole. Die türkis-blaue Bundesregierung gab sie mit den am Mittwoch im Ministerrat beschlossenen Plänen für eine Digitalsteuer aus, nachdem der Vorstoß auf EU-Ebene in der ersten Märzhälfte gescheitert war. Die EU-Finanzminister konnten sich nur darauf verständigen, erst einmal eine Studie der OECD abzuwarten, um zu klären, wie der Rahmen für eine solche Abgabe aussehen könnte. Die soll 2020 präsentiert werden.

Nachdem keine EU-weite Digitalsteuer zustande gekommen ist, wagt Österreich nun allein einen Vorstoß. Internetkonzerne wie Google oder Facebook, die bislang kaum Steuern zahlen, sollen ab 2020 fünf Prozent ihrer Einkünfte aus Onlinewerbung versteuern.
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Österreich will ab da schon mit dem eigenen Konzept starten. Noch liegt kein Gesetzesentwurf vor. Die Regierung hat die zuständigen Minister laut Ministerratsprotokoll beauftragt, ihre entsprechenden Entwürfe zur Genehmigung und in weiterer Folge dem Nationalrat zur verfassungsmäßigen Behandlung vorzulegen. Geplant ist, Onlinewerbung mit fünf Prozent zu besteuern, analog zur bestehenden Werbeabgabe in Print und Rundfunk. Ursprünglich war von drei Prozent die Rede. Zu diesem Satz sei man nach Gesprächen in Expertenrunden gekommen, so Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP). Gelten soll die Abgabe für Unternehmen ab 750 Millionen Euro Umsatz, davon 25 Millionen Euro in Österreich. Sie zielt also auf die vielzitierten Onlineriesen Google, Airbnb, Facebook und Co ab.

Ungerechtigkeit beseitigen

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sieht die Regierung auf dem besten Weg, Ungerechtigkeiten in der Behandlung traditioneller Betriebe und digitaler Unternehmen zu beseitigen. Er spricht selbstbewusst vom Schließen eines "sehr großen Gaps, der schlicht und ergreifend nicht gerechtfertigt ist". Erfreut, "dass digitale Konzerngiganten auch einen Beitrag leisten müssen", zeigt sich auch Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache.

Steuerrechtsexpertin Katharina Kubik von der Kanzlei Freshfields spricht von Symbolpolitik: "Die Erweiterung der Werbeabgabe ist schön und gut, aber es wird die Ungleichgewichte nicht beseitigen", sagte sie dem STANDARD. Das Vorpreschen Österreichs werde keine große Auswirkung haben, "zumindest nicht, was das Ziel betrifft, die Internetriesen einzufangen".

Was die erwarteten Einnahmen für den Finanzminister aus der Abgabe betrifft, schätzt das Wirtschaftsforschungsinstitut das Aufkommen bei einem Tarif von drei Prozent auf zehn bis 15 Millionen Euro im Jahr. Umgelegt auf fünf Prozent, würde das 17 bis 25 Millionen bedeuten. Die Onlinewerbeabgabe ist aber ohnehin nur Teil eines Pakets, das auch eine Ausdehnung der Einfuhrumsatzsteuer im Onlinehandel sowie eine Haftungsklausel für Vermittlungsplattformen vorsieht. Insgesamt verspricht sich Löger davon Einnahmen von rund 200 Millionen Euro. Zu optimistisch, befand IHS-Chef Martin Kocher im Klub der Wirtschaftspublizisten.

Zweifel am österreichischen Weg

Geht es nach Löger, sollen rund zwei Drittel der 200 Millionen durch die Einhebung der Mehrwertsteuer im Onlinehandel ab dem ersten Cent generiert werden. Bisher gilt für Paketsendungen aus Drittländern wie China eine Freigrenze von 22 Euro. Nicht zuletzt sollen Airbnb und Co zur Kasse gebeten werden und den Steuerbehörden ihre Buchungen offenlegen. Auch ein Druckmittel hat man sich überlegt: Sie haften für nicht erfolgte Abgaben.

Sowohl Steuerexpertin Kubik als auch Ökonom Kocher hielten eine Lösung auf OECD-Ebene für klüger. "Mit solchen Quick Fixes, wie das auch von der EU bezeichnet worden ist, schafft man keinen großen Wurf", so Kubik. "Womöglich wird die Büchse der Pandora geöffnet", warnt Kocher. Schließlich werde das Besteuerungsprinzip nach Ursprungsland/Bestimmungsland aufgebrochen.

Auch SPÖ und Neos kritisieren Österreichs Alleingang. Der Arbeiterkammer ist die erhöhte Werbeabgabe zu niedrig, der Handel fordert Nachbesserungen. Kubik geht davon aus, dass am Ende ohnehin die Konsumenten zahlen. (rebu, APA, 3.4.2019)