Foto: apa/punz

Pro
von Martin Putschögl

Kampfgeist, Einsatz, Motivation, Mentalität: Alles, was wir beim Fußballnationalteam neuerdings wieder schmerzlich vermissen, lässt sich beim Marathon hautnah, auf Augenhöhe erleben – Sie müssen dafür nicht vom zweiten oder dritten Rang runterschauen wie auf die kickenden Millionäre.

Die laufen übrigens pro Match jeweils nur so zwischen zehn und zwölf Kilometer. Vielleicht 15, wenn es eine Verlängerung gibt.

Fast dreimal so lang ist die Marathonstrecke – unendlich dankbarer sind die Hobbyläufer, die sie in Angriff nehmen, für jeden einzelnen Klatscher. Probieren Sie's: Stellen Sie sich beim Stadion an die Strecke, klatschen Sie ab!

Wenn Sie nicht beruflich in der Großgewinnauszahlungsstelle der Lotterien zu tun haben, werden Sie diese Emotionen nicht kaltlassen. Wer außerdem strategisch klug, also bei Kilometer 39, in ein wenig Aufmerksamkeit investiert (Kalbsschnitzelsemmerl, Spareribs, Maß Bier), darf sich vollendeter Adoration sicher sein.

Kontra
von Margarete Affenzeller

42,195 Kilometer – das ist weit und könnte dauern. An siedend heißen oder verregneten Sonntagvormittagen einer langgezogenen Horde stillos gekleideter Menschen beim egoistischen Schwitzen zuzusehen: Dafür ein Argument zu finden ist schwer. Atemlos durch die Nacht: ja. Atemlos durch den Tag: ohne mich.

Marathons sind Massenevents mit allen Übeln unserer Zeit: Die Öffis sind lahmgelegt, die Straßen gesperrt, Kommerzzone überall. Und die Strecke selbst ist gesäumt von freizeitnervösen Ausflüglern, die bei jeder Gelegenheit Jausenpapier hinter sich fallen lassen.

Außerdem sind die Sieger des Wettlaufs dann, wenn ich am Wochenende aus dem Haus gehe, ohnehin längst mit erhobenen Armen über die Ziellinie geschossen. Und wieder auf dem Weg retour nach Nairobi. Übrig bleiben dann noch die Schlurfläufer aus der Gruppe "Laufen ohne Schnaufen", deren gloriose Tat gewiss Zeugen verdient hätte. Versteh ich gut, aber ich bin's nicht. (RONDO, 5.4.2019)