Der Walvorfahr ähnelte den heute lebenden Ottern und bewegte sich sowohl an Land (oben) wie auch unter Wasser recht behände.
Foto: A. Gennari

Brüssel – Wie und wann kamen die Wale ins Meer? Evolutionsbiologisch ist die Frage recht gut erforscht – die Antwort klingt aufs Erste überraschend: Ihre Urahnen waren kleine vierbeinige Huftiere, die vor rund 50 Millionen Jahren nach und nach vom Land ins Wasser übersiedelten. Die Wissenschaft weiß mittlerweile auch, wo das geschah, nämlich in Südasien.

Wie es dann allerdings evolutionär mit den Meeressäugern weiterging, ist sehr viel weniger klar. Ein in mehrfacher Hinsicht erstaunlicher Fund, der in der aktuellen Ausgabe des Fachblatts "Current Biology" präsentiert wird, kann nun eine größere Lücke schließen, die es bei den Fossilfunden gibt.

Ein Fossil, das Lücken schließt

Paläobiologen um Olivier Lambert vom Königlich-Belgischen Institut für Naturwissenschaften in Brüssel haben die Überreste des Tiers, das vor 42,6 Millionen Jahren lebte, nämlich nicht in Indien oder Pakistan entdeckt, wo man bisher in Sachen Walvorfahren fündig wurde, sondern in Südperu, konkret: in der Küstenwüste Playa Media Luna.

Doch nicht nur der Fundort ist einigermaßen überraschend, auch das Aussehen des Tiers ist – zumindest nach heutigen Walmaßstäben – einigermaßen verwunderlich. So rekonstruierte das Forscherteam, dass der Urwal am Ende seiner vier Extremitäten kleine Hufe hatte.

Aus diesen Knochen rekonstruierten die Forscher die Gestalt des Urwals.
Foto: G. Bianucci

Zusammen mit seiner übrigen Morphologie deutet das darauf hin, dass dieser Wal an Land gehen konnte. Weitere anatomische Merkmale wie der lange Schwanz und vermutete Häute zwischen den Zehen legen nahe, dass dieses Tier mit seinen vier Metern Länge einem riesigen Fischotter ähnelte und sowohl im Wasser wie auch an Land recht behände unterwegs war.

Vom Atlantik in den Pazifik

Der vierbeinige Wal erhielt den wissenschaftlichen Namen Peregocetus pacificus, also "der reisende Wal, der den Pazifik erreichte". Und Lambert ergänzt, dass es sich dabei um den ersten gesicherten Fund eines vierfüßigen Walskeletts für den gesamten Pazifischen Ozean handelt.

Olivier Lambert kommentiert den Fund, der ihm und seinem Team gelang.
Cell Press

Der Fundort unterstütze jedenfalls die Hypothese, dass frühe Wale die Neue Welt über den Südatlantik erreichten, konkret: von der Westküste Afrikas nach Südamerika. Das sei zum einen durch die damaligen Meeresströmungen begünstigt gewesen; zum anderen durch die Tatsache, dass die Entfernung zwischen den beiden Kontinenten damals halb so groß war wie heute. (tasch, 5.4.2019)