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Automanager Carlos Ghosn wurde erneut in Japan verhaftet.

Foto: Reuters/Kyodo

Seine Haare sind angegraut, seine Gesichtszüge ausgezehrt. Ein stark gealterter Carlos Ghosn präsentierte sich den französischen Fernsehzuschauern auf Skype. "Ich bin kampfbereit, denn ich bin unschuldig", erklärte der 65-Jährige, der früher wie aus dem Ei gepellt dahergekommen war. Er fügte an: "Es ist hart." Er sei in ein "unglaubliches Räderwerk" geraten, er werde "systematisch zerstört", erzählte der tief gefallene Ex-Chef von Renault-Nissan aus Tokio.

Und als der Journalist in Paris dagegenhielt, die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft wögen schwer, lauten sie doch auf Steuerbetrug und Veruntreuung, konterte Ghosn: "Das sind Lügen." Sie stammten aus Nissans Küche und würden von Komplizen bis nach Frankreich verbreitet.

Ein paar Stunden später holten ihn die Häscher der japanischen Staatsanwaltschaft ein zweites Mal. Nach hundert Tagen fand sich der libanesisch-brasilianische Superpatron am Donnerstag wieder hinter Gittern. In einer Einzelzelle, ohne Telefon, fast ohne Besuche, auch ohne seine französischen Medikamente, bei ständigem Deckenlicht. Der Hölle zweiter Akt.

Skandal

Die Art, wie sie Ghosn vor sich hertreiben, um ihn zu zerbrechen, sei ein Skandal, sagte Ghosns Vertrauter Philippe Riès am Donnerstag in Paris. Er verstehe nicht, warum Frankreich nicht gegensteuere – schließlich versuche Nissan über den Superboss auch Renault zu treffen und loszuwerden. Dabei habe Ghosn die franko-japanische Allianz zusammengehalten und zu einem Erfolg ausgebaut. Mit 3,9 Millionen ist Renault-Nissan heute in der Tat globale Nummer eins bei den Personenwagen, noch vor Volkswagen.

Das ist für Ghosn Geschichte. So wie das Fest, das er 2016 auf Schloss Versailles für Gattin Carole inszeniert hatte, mit Porzellan aus dem 18. Jahrhundert und Menuett-Tänzern in blauen Seidenkostümen. Indirekt finanziert von Renault.

Sohn profitiert

Der Autobauer hat nun auch ein Dossier "Ghosn" an die französische Justiz übermittelt. Diese Woche folgte ein zweites Dossier: Der Superboss, der im Jahr über drei Millionen Euro verdiente, unterstützte seinen Sohn Anthony über libanesische Zwischenfirmen, vermutet Renault: 27,5 Millionen Dollar für dessen Start-up-Firma Shogun, gut zehn Millionen für eine Jacht.

Ghosn bestreitet alles. Über Skype appellierte er an die Pariser Regierung, sich für ihn zu verwenden. Der illustre Häftling sagte es nicht auf Skype, aber er muss sich in seiner Zelle sehr allein vorkommen. (Stefan Brändle, 5.4.2019)