Sonja Wehsely war am Freitag ein zweites Mal vor dem Ausschuss. Zu mehreren Details sagte sie, sie würde sie auch heute wieder so machen oder entscheiden.

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Wien – Déjà-vu in der Untersuchungskommission zum Bau des Krankenhauses Nord – denn dort sagten am Freitag drei Zeugen aus, die bereits gehört wurden: Die ehemalige Stadträtin Sonja Wehsely (SPÖ), der Architekt und Teilgeneralplaner Albert Wimmer und der ehemalige Generaldirektor des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV), Wilhelm Marhold.

Dicke Luft

Dass keiner der drei über die erneute Ladung erfreut war, wurde mehrmals deutlich. Die Stimmung war zeitweise angespannt, etwa als der stellvertretende Vorsitzende der Kommission Wehsely "unkooperatives Verhalten" vorwarf, weil diese verlangte, dass ihr Zitate vorgelegt werden. Deren Antwort, dass in "richtigen Ausschüssen, in denen im Parlament", kein Zeuge etwas beantworten würde, ohne dass Protokolle vorgelegt werden, verärgerte wiederum die Vorsitzende.

Wehsely sagte trotz Anzeige aus

Die Befürchtungen, dass Wehsely womöglich nicht ausführlich aussagen könnte, weil die Neos eine Sachverhaltsdarstellung einbrachten, waren umsonst. Bereits in ihrer einleitenden Stellungnahme sagte die ehemalige Stadträtin, die Vorwürfe seien "ungeheuerlich". Die Anzeige der Neos fußt wie berichtet auf dem Wirtschaftsplan 2018, hier seien schönere Zahlen verwendet worden. Wehsely konterte dem mit einem Zitat von Neos-Klubchef Christoph Wiederkehr. Dieser habe im November bei ihrer Befragung gesagt er wisse, dass sie nicht direkt verantwortlich sei für den Wirtschaftsplan, vor allem nicht für diesen. "Es geht hier um Skandalisierung und sonst um gar nichts", sagte Wehsely.

Auch in der 20. Sitzung wurde natürlich über Mehrkosten diskutiert. Von Wiederkehr auf 500 Millionen angesprochen und ob sie für die Belastung der Steuerzahler Verantwortung nehme, reagierte Wehsely heftig. Der Rechnungshof habe festgestellt, dass die Kosten des Projekts durchaus in einer üblichen Bandbreite liegen würden, vorausgesetzt die Regressforderungen können eingeholt werden.

Anderer Wind

Bei den inhaltlichen Fragen brachten die neuerlichen Aussagen durchaus Neues beziehungsweise konnten wichtige Details herausgearbeitet werden: Marhold betonte zwar wie bei seiner ersten Befragung mehrmals, dass unter seiner Ägide – bis er Ende 2013 in die Pension ging – alles im Kosten- und Zeitplan lag. Eine gegenteilige Aussage seines Nachfolgers Udo Janßen sei "tatsachenwidrig".

Ein Blick in die Chronologie und in den Rechnungshof-Bericht zeigt: 2010 wurde die externe Projektsteuerung beauftragt, 2011 gab es bereits erste Schlechtleistungen. Im April desselben Jahres wurde die örtliche Bauaufsicht beauftragt, ein Jahr darauf gab es auch hier Schlechtleistungen. Die Baumeisterarbeiten begannen im Sommer 2012, im November gab es Probleme mit der Statik. Und im Jänner 2014 sorgte die Insolvenz der Fassadenfirma in der Folge für Verzögerungen.

Der Abgang von Marhold erscheint nach seiner Aussage am Freitag aber in deutlicherem Licht: Wie bereits bekannt war, kämpfte Marhold mit gesundheitlichen Beschwerden. Ihm zufolge war aber das Arbeitsklima gegen Ende seiner Zeit sehr schlecht, es habe ein anderer Wind geweht. Was war der Grund für die Zäsur, für die Veränderung ins Negative? Ob er ohne die "Änderung des Windes" geblieben wäre, wollte die Vorsitzende wissen. "Der 'Hätt i, war i' war nie meiner", sagt der ehemalige KAV-Chef. Nachsatz: Wenn seine rechte Hand nicht gehen hätte müssen, dann hätte die Sache anders ausgesehen.

Folgenschwere Personalentscheidungen

Der angesprochene Maximilian Koblmüller sei operativ für das Spital verantwortlich gewesen und habe beste Arbeit geleistet, betonte Marhold. Er wurde von Wehsely aber nicht verlängert.

Dass diese Personalentscheidung eine folgenschwere war, wurde in den vergangenen Monaten von mehreren Zeugen vor der Kommission geteilt. Auch Ex-Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) stimmte dem zuletzt zu.

Eine andere Einschätzung gab dazu die jetzige Siemens-Managerin Wehsely ab: Wer den Rechnungshofbericht lese, der wisse, dass nicht plötzlich Ende 2013 alle Probleme auftraten. "Ich teile auch die Einschätzung nicht, dass Koblmüller etwas besser konnte, als sein Nachfolger Thomas Balazs." Wehsely gab an, sie würde alle Personalentscheidungen wieder so treffen.

Zwischen Hineinregieren und Nichtkümmern

Zur Beurteilung der politischen Verantwortung in der Causa sagte Wehsely, dass die Debatte immer zwischen den beiden Polen Hineinregieren und Nichtkümmern hin- und hergegangen sei. Sie habe ihre Verantwortung jedenfalls ordentlich wahrgenommen, wiederholte Wehsely.

Apropos Hineinregieren: Das habe Marhold nicht feststellen können. "Ich wundere mich über die Frage, ob es Einfluss der Politik gab. Wo kommen wir denn hin, wenn die Politik nicht gestaltet? Das ist doch Ihre Aufgabe", sagte er in Richtung der Abgeordneten. Der Gestaltungswille der Politik sei beim Projekt Krankenhaus Nord wahrgenommen worden, "deswegen wurde 2014 das Bauherrenmanagement verstärkt. Eine klare und richtige Entscheidung der Eigentümerin, also der Stadt."

Absage an das Konsortium

Länger diskutiert wurde auch über die Entscheidung im Jahr 2010, das Spital nicht mit dem Konsortium, sondern allein zu bauen und die Gewerke einzeln auszuschreiben. Es habe mehrere Gründe und Fakten gegeben, sagte Marhold dazu. Dass die Europäische Investitionsbank (EIB) nur mit dieser Variante finanziert, sei einer davon gewesen. Allerdings – darauf wiesen Abgeordnete hin – stimmt das so nicht. Die EIB ließ der Stadt, beziehungsweise dem KAV, hier auch die Möglichkeit offen, mit einem Generalunternehmer zu bauen.

Wehsely fügte dem zwei Aspekte hinzu: Man habe sich nicht auf einen Preis einigen können, und das Projekt mit dem Konsortium sei so aufgestellt gewesen, dass es das Kontrollamt in einem Bericht scharf kritisierte. In Zukunft müsse man Projekte daher besser aufstellen, "damit sie nicht zu so einem Bericht führen müssen". Außerdem wiederholte Wehsely die im November gemachte, etwas kryptische Aussage, dass die Bauwirtschaft eben nicht der "natürliche Freund" der öffentlichen Hand sei.

Wimmer: Kritik berechtigt, aber nicht an seiner Arbeit

Auch dem zweiten Zeugen, Architekt und Teilgeneralplaner Albert Wimmer, sei die EIB-Begründung beschrieben worden. Warum sich so viele darauf berufen, wenn es andere Dokumente dazu gibt, konnte er nicht beantworten. "Uns wurde das so kommuniziert."

Den Vorwurf, dass seine Pläne schlecht waren, wollte Wimmer nicht vollkommen hinnehmen. "Kritik ist berechtigt, aber nicht wegen meines Verschuldens", sondern weil die Haustechnikfirmen notwendige Unterlagen nicht lieferten.

Konfrontiert wurde Wimmer auch mit der Frage, ob die Fassadenplanung nicht zu komplex gewesen sei. Aussagen in diese Richtung gab es vor der Kommission. "Ich würde Sie ja gerne durchs Haus führen und erklären, warum ich diese Elementfassade verwende. Es ist was ganz einfaches." Die Schnittstellen seien das schwierige. "Wenn eine Fassadenfirma mir vorwirft, dass das aufwendig ist, dann habe ich noch mehr Zweifel an der Firma", sagte Wimmer über jene Firma, die im Jänner 2014 auch in Konkurs ging.

Spätere Tätigkeit bei Porr-Tochter

Probleme mit dieser Firma hätten also schon Ende 2013 auffallen müssen, meinte Wimmer. Marhold – der ebenfalls zu dem folgeschweren Konkurs befragt wurde – hatte dahingehend aber noch nichts wahrgenommen.

Der ehemalige KAV-Chef wurde auch zu seiner Beratertätigkeit nach seinem Ausscheiden bei der Porr, befragt die Firma war im Konsortium und hat jahrelang zum Bau des Spitals verhandelt und später auch Gewerke (Rohbau) erledigt. Marhold hielt fest, dass er als Gesundheitsexperte für eine Tochterfirma der Porr tätig sei – und zwar ab seinem Ruhestand, vorher sei nicht verhandelt worden. Zum konkreten Inhalt seines Beratervertrages wollte Marhold nichts sagen.

Tag der offenen Tür

Wehsely versuchte es mit einem versöhnlichen Schlusswort nach einer angespannten Befragung. "Ich hoffe wir sehen uns alle am Samstag beim Tag der offenen Tür des Krankenhaus Nord." (Lara Hagen, 5.4.2019)