Eine Sache wissen nur Kanzler, Vizekanzler und ihre engsten Vertrauten: Was passieren musste, damit Sebastian Kurz sich mit der rhetorischen Abgrenzung der FPÖ von den rechtsextremen Identitären öffentlich zufrieden gibt. Allen anderen muss klar sein: Die FPÖ hat keine einzige handfeste Maßnahme getroffen, um die zahlreichen Verbindungen zu der Gruppierung zu lösen. Das dürfte den Kanzler nicht zufriedenstellen, wenn er ernsthaft an einer Abgrenzung zu neofaschistischen Splittergruppen interessiert ist.

Die Partei verbietet ihren Funktionären schon längst, Mitglied bei der neurechten Bewegung zu sein, so ihre Argumentation. Das ist Augenauswischerei, denn die fahnenschwingenden Scheitelträger sind keine Mitgliederorganisation. Freiheitliche können weiterhin ihre Demonstrationen besuchen und ihre Propaganda in sozialen Netzwerken teilen. Der Grazer FPÖ-Vizebürgermeister Mario Eustacchio verweigert die Distanzierung überhaupt – ohne eine Rüge von Strache erfahren zu haben. Die FPÖ kann oder will sichtlich keine rote Linie zu den Identitären ziehen.

Kurz gibt sich also mit einer nicht einmal halbgaren Distanzierung seines Regierungspartners zufrieden. Eine glaubwürdige Abgrenzung zu ganz Rechts schaut anders aus. Offensichtlich fehlt dem Kanzler dafür koalitionsintern die Durchsetzungskraft. Oder er will das Thema nur weg haben. Das wird so nicht gelingen. (Sebastian Fellner, 7.4.2019)