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Spaniens neue Rechtspartei Vox: Für Stierkämpfe und Waffen, gegen Katalanen und die Regenbogenfahne.

Foto: REUTERS/Sergio Perez

"Für Spanien" steht in großen Lettern auf einem Plakat hinter der Bühne. Die Menge schwenkt rot-gelb-rote Nationalfahnen und die grünen Wimpeln von Vox. Tausende füllen an einem kalten, regnerischen Samstagmorgen die überdachte Stierkampfarena in Leganés, keine 15 Kilometer südlich von Madrid. Die Rechts-außen-Partei Vox steigt seit ihrem überraschenden Einzug in Andalusiens Regionalparlament in der Gunst der Wähler. Sie darf auf ein zweistelliges Ergebnis bei den vorgezogenen Parlamentswahlen am 28. April hoffen.

Unter den Besuchern befinden sich die 30-jährige Krankenschwester Natalia González, ihr Mann Fernando Rodríguez, 33, Arzt, sowie der 35-jährige Autohändler Carlos Gordillo. Rodríguez und González haben bisher den konservative Partido Popular (PP) gewählt, Gordillo die rechtsliberalen Ciudadanos. "Die sind zu zögerlich", erklärt Gordillo, warum sie bei Vox gelandet sind.

"Traditionelle Werte"

"Extreme Rechte" wollen sie nicht gelten lassen, Vox sei vielmehr "extrem notwendig", so Rodríguez, denn die junge Partei verteidige als einzige "die traditionellen spanischen Werte". Er spricht von "Überfremdung" und einer "besseren Kontrolle der Immigration", um die "spanischen Kultur zu schützen".

Seine Frau macht weitere Feinde aus: "Die katalanischen Separatisten und ihr Staatsstreich". Sie meint damit das Unabhängigkeitsreferendum 2017. "Wir wollen das Erbe unsere Großväter schützen. Sie haben für Spanien gekämpft", erinnert sie an den Bürgerkrieg und den Sieg des Putschistengenerals Franco über die Republik.

Spanien wieder groß machen

"Schluss mit dem politisch Korrekten. Schluss mit der repressiven Gender-Ideologie", wettert Gordillo. Die Frauen, die in Spanien in den vergangenen Jahren für ihre Rechte so mobil machten wie sonst nirgends in Europa nennt er "Feminazis". "Sie wollen den Männern die Männlichkeit nehmen", stimmt González zu.

Dann geht es los. Zur Einstimmung läuft ein Video mit dem sozialistischen Regierungschef Pedro Sánchez, Politikern des linksalternativen Podemos sowie bekannten TV-Moderatoren. Die Menge pfeift und buht. "Wir wollten nie allen gefallen, sondern dich vertreten!", steht am Ende zu lesen. Applaus. "Machen wir Spanien wieder groß!", ruft der Moderator. Dann kommt der Star des Morgens: Santiago Abascal.

"Presidente, presidente", jubelt die Menge dem 43-Jährigen zu, der 2014 aus dem PP ausstieg und Vox gründete. Der Parteichef wettert gegen den "Krebs der autonomen Regionen" und verspricht eine "Rezentralisierung Spaniens". Als ersten Schritt werde er das katalanische Regionalfernsehen schließen, die Regionalpolizei auflösen und die Regierung in Barcelona des Amtes entheben.

Abascal schimpft auf die "Diktatur linker Medien" und das Gesetz gegen sexualisierte Gewalt. Er spricht vom Recht, Waffen zu tragen, "um die Familie zu verteidigen", unterstützt Jagd und Stierkampf gegen "autoritäre Tierschützer" und wettert gegen "die Diktatur der Regenbogenfahne". "Die Schwulen und Lesben in Spanien haben nur eine Fahne, die spanische Flagge." Wieder jubeln alle. Abascal benennt "politische Gegner" und "politische Feinde". Die einen sind PP und Cs, "die unentschlossene Rechte"; die anderen die Sozialisten und Pedro Sánchez.

"Wir sind nicht gegen Europa, aber wir verlangen, dass niemand unsere Souveränität beschneidet", ruft er dann. Es geht um den ehemaligen katalanischen Regierungschef Carles Puigdemont, dessen Auslieferung an der deutschen und belgischen Justiz scheiterte. "Puigdemont ins Gefängnis", antwortet die Menge.

Blick in die Vergangenheit

Dann wird es ganz patriotisch. Abascal lobt das spanische Kolonialreich als "das größte Werk der Menschheit". "Das freie Spanien ergibt sich nie wieder", ruft er und zählt eine Reihe von Mythen auf, vom Ritter Cid, der im Mittelalter gegen die arabischen Königreiche auf der Iberischen Halbinsel in den Krieg zog, bis hin zu Isabel der Katholischen, die Ende 1492 die "Rückeroberung" besiegelte und das Land vereinte.

"Jetzt beenden wir die Veranstaltung, wie immer aufrecht", ruft schließlich der Moderator. Alle erheben sich zur spanischen Hymne, schwenken ihre Fahnen. Rot-gelbes Konfetti regnet von der Decke. González macht ein Selfie von den dreien. Sie ziehen zufrieden aus der Halle ab. (Reiner Wandler aus Madrid, 7.4.2019)