Auch Delikte nach dem NS-Verbotsgesetz stellen weiter ein Problem in ganz Österreich dar.

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Rechtsextreme Tathandlungen haben im Jahr 2018 österreichweit wieder leicht zugenommen. Das geht aus einer Anfragebeantwortung von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) hervor. Der grüne Bundesrat David Stögmüller hatte die Zahlen des Vorjahres in einer parlamentarischen Anfrage detailliert abgefragt. Seit 2014 hatten die Grünen dies jährlich für das jeweils vorangegangene Jahr bei den jeweiligen Innenministern gemacht, um einen Überblick über rechtsextreme, fremdenfeindliche, rassistische, antisemitische und islamophobe Taten in ganz Österreich zu bekommen und die Entwicklung in den einzelnen Bundesländern einschätzen und dokumentieren zu können.

Grüne und rote Anfragen

Seit die Grünen nicht mehr im Nationalrat vertreten sind, machte die SPÖ-Nationalratsabgeordnete Sabine Schatz eine solche Anfrage für 2017, nun hakte Stögmüller als Bundesrat bei den aktuellsten Zahlen nach.

Laut Innenminister kam es 2018 in ganz Österreich zu 1.075 rechtsextremen Tathandlungen, also Straftaten, denen die Behörden tatsächlich nachgingen, davon waren die meisten, nämlich 732, generell als rechtsextrem einzustufen, 236 als fremdenfeindlich oder rassistisch, 49 Taten als antisemitisch, 22 als islamophob und 36 entsprangen sonstigen Motivlagen. Anzeigen gingen im Vorjahr insgesamt 1622 bei den Behörden ein, davon am meisten nach dem Verbotsgesetz, nämlich 877. Weitere 280 wurden wegen des Verdachtes der Verhetzung (Paragraf 283, hier fallen auch antisemitische und islamophobe Taten hinein) eingebracht.

Im Bundesländervergleich ist Oberösterreich einmal mehr trauriger Spitzenreiter. Bei den rein rechtsextremen Tathandlungen sind 152 der österreichweit 732 diesem Bundesland zuzuordnen.

Das Land Salzburg ist proportional zu seiner Bevölkerungsdichte allerdings auch in sehr vielen Kategorien der untersuchten Anzeigen und Delikte Spitzenreiter. Nur bei Anzeigen nach dem NS-Verbotsgesetz ist Oberösterreich sogar im Verhältnis zu seiner Einwohnerzahl auf Platz eins.

Auf Bezirksebene sticht innerhalb von Oberösterreich wiederum die Stadt Linz besonders hervor: Hier wurden 103 der 300 Anzeigen von ganz Oberösterreich erstattet. Bei Verstößen gegen das Verbotsgesetz haben 50 von 185 Fällen den Tatort Linz.

Viel Männer als rechtsextreme Täter

Von den österreichweit – manchmal mehrmals wegen verschiedener Delikte – angezeigten 797 Personen, sind die allermeisten Männer, nämlich 704. Bei rassistischen und fremdenfeindlichen Tathandlungen liegt Niederösterreich deutlich vor Oberösterreich.

Für Stögmüller, der selbst für das Bundesland Oberösterreich im Bundesrat sitzt, folgt dieser Umstand einer gewissen Logik: "Dass sich zum Beispiel hier die Identitären immer wohler fühlen, sich hier immer mehr ansiedeln, dass hier der rechtsextreme Kongress Verteidiger Europas stattfand, ist kein Wunder", sagt der grüne Politiker. "Hier erwarte ich mir auch von der rot-blauen Stadtkoalition ein dementsprechendes Handeln."

Wenn man die Zahlen im Vergleich der letzten Jahre, konkret ab 2013 ansieht, fällt vor allem der massive Anstieg 2015 auf. Im Vergleich zu 2013, dem ersten abgefragten Jahr, in dem man österreichweit 574 rechtsextreme Tathandlungen zählte, verdoppelte sich diese Zahl im Jahr mit dem erhöhten Aufkommen von Geflohenen auf 1156.

Im Jahr 2016 und 2017 gingen diese Zahlen mit 1313 und 1063 etwas zurück, doch im Vorjahr stiegen die Tathandlungen wieder auf die erwähnten 1075 Fälle an.

Personalmangel bei NS-Meldestelle

Ob die aktuellen Zahlen möglicherweise ein harmloseres Bild zeichnen, als es die Realität zulassen würde, steht angesichts jüngster Erkenntnisse aus dem BVT-Untersuchungsausschuss allerdings im Raum. Denn hier sagte die Leiterin des Extremismusreferats Sibylle G. im Zuge einer Befragung am 20. März, dass etwa 600 Hinweise an die NS-Meldestelle vom Herbst 2017 bis Mai 2018 wegen Personalmangels gar nicht bearbeitet werden konnten. Wie weit man diese in der Zwischenzeit aufarbeiten konnte, ist nicht bekannt.

Zur Frage der nicht berücksichtigten Meldungen brachte eine Kollegin Stögmüllers, die grüne Bundesrätin Ewa Dziedzic, in der vergangenen Woche eine weitere Anfrage bei Innenminister Kickl ein.

"Der Rechtsextremismus muss endlich von der Politik offensiv als gesellschaftspolitische Herausforderung angenommen werden", urgiert Stögmüller, "es geht um den Rechtsstaat und die Demokratie in Österreich." (Colette M. Schmidt, 7.4.2019)