Stephan Pauly bei seiner Präsentation als neuer Musikvereinsintendant am Montag in Wien.

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Wien – Kein wirklich schlechtes Zeichen für eine geordnete, eigentlich historische Übergabe: Mit Thomas Angyan, dem Langzeitchef des Wiener Musikvereins, sei er schon sechs Stunden zusammengesessen, so Stephan Pauly bei seinem ersten öffentlichen Auftritt als designierter Leiter des Traditionshauses. Da in der Klassikbranche langfristig geplant wird, dürfte es bei diesem Gespräch auch um Paulys erste Saison 2020/21 gegangen sein. Sie dürfte in hohem Maße noch die Handschrift Angyans tragen. Bei Amtsübergaben ist das eben so. Paulys Stil wird also wohl erst ab 2021/22 zu erkennen sein.

Zuerst kennenlernen

Zweifellos wird sich Pauly, aktuell Leiter der Alten Oper Frankfurt, bei Angyan auch grundsätzlich über das Innenleben des Musikvereins informiert haben.

In diesem Lernsinne sieht der 47-jährige Deutsche ja auch grundsätzlich seine nähere Zukunft: "Mein Ziel für die nächsten Monate ist, diese Institution so gut wie möglich kennenzulernen." Ob er wegen eines konkreten Konzeptes anderen Bewerbern vorgezogen wurde, konnte Pauly nicht sagen. Sicher sei in seinen Augen jedenfalls, dass der Wiener Musikverein eine der "ungewöhnlichsten und wichtigsten Musikinstitutionen" sei und der Goldene Saal vielleicht die beste Akustik der Welt habe: "Hier arbeiten zu dürfen, das ist eine große Ehre für mich, der ich mich mit großer Freude aber auch Hochachtung widmen werde."

Fortführung und Erneuerung

Es darf aber spekuliert werden, dass Pauly als Musikvereinschef versuchen wird, Tradition und Moderne originell zu versöhnen. Die Fortführung der "künstlerischen Exzellenz" verstehe er als seine Hauptaufgabe. Dabei gelte es zu beachten, dass jede Institution ihren eigenen Charakter, ihre eigene Geschichte mit sich trage.

Diesen von Behutsamkeit getragenen Zugang, der aber Erneuerung miteinschließt, habe er, so Pauly, auch an seinen bisherigen Wirkungsstätten praktiziert. Also bei der Stiftung Mozarteum und gegenwärtig an der Alten Oper Frankfurt.

Die Rahmenbedingungen dürften stimmen: Thomas Angyan, der nach 32 Jahren geht, betont, er werde Pauly ein künstlerisch und auch finanziell bestens geführtes Haus übergeben. (Ljubisa Tosic, 8.4.2019)