Jahre, die vorwiegend mit Kinderbetreuung zugebracht wurden, werfen ihre Schatten auf das Pensionskonto von Frauen.

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Seit über vierzehn Jahren gibt es in Österreich die Möglichkeit des Pensionssplittings. Damit können diejenigen ihre Pension aufbessern, die wegen jahrelanger Hauptverantwortung in der Kinderbetreuung eine geringe Pension zu erwarten haben. Fragen und Antworten zum noch weitgehend ungenützten Pensionssplitting: Wie geht es überhaupt, wem bringt es was, und warum ist es aus frauenpolitischer Sicht ein ambivalentes Instrument?

Frage: Was ist Pensionssplitting?

Antwort: Pensionssplitting ist eine Wertschätzung für unbezahlte Zeiten der Kinderbetreuung und somit jener Zeit, in der nichts oder durch Teilzeitarbeit nur wenig auf dem Pensionskonto landet. Durch die Übertragung von Pensionsgutschriften wird die Pension jenes Elternteils, der vorwiegend Lohnarbeit geleistet hat, zu dem Elternteil umgeschichtet, der gratis Familienarbeit geleistet hat. "Es wird nichts gewonnen, es wird nur umverteilt", erklärt Ursula Janesch, Referentin im Referat Sozialrecht und -politik der Arbeiterkammer Niederösterreich. "Pensionssplitting ist eine Wertschätzung für Sorgearbeit, die nicht bezahlt ist. Eine Wertschätzung durch den Partner, der zeitlich weniger zur Kinderbetreuung beitragen hat." Viele Frauen verlassen sich laut Janesch auf die gute Pension ihres Mannes, die allerdings eben nicht ihre eigene Pension ist. Durch Pensionssplitting wird aber genau diese erhöht und zwar für Zeiten, in denen die Hauptverantwortung für die Kinderbetreuung getragen wurde.

Frage: Warum und seit wann gibt es Pensionssplitting?

Antwort: Pensionssplitting wurde zeitgleich mit dem Pensionskonto im Jahr 2005 eingeführt. Auf das Pensionskonto wird für alle Versicherten eine jährliche Gutschrift übertragen, die auf dem Jahresentgelt basiert. Mit der Neuerung des Pensionsversicherungssystem, das die schwarz-blaue Regierung im Jahr 2000 beschlossen hatte, wurden nicht mehr die "besten Jahre" für die Berechnung der Pensionen herangezogen, sondern jedes einzelne Versicherungsjahr eines Erwerbslebens. Erwerbslose Jahre und Teilzeitarbeit schlagen sich somit auch auf die Pension nieder, was vor allem Frauen betrifft. Die Teilzeitquote bei Frauen zwischen 25 und 49 Jahren mit Kindern unter 15 Jahren liegt bei 75 Prozent.

Frauen bekommen daher durchschnittlich 43 Prozent weniger Pension als Männer. Pensionssplitting soll zu einer Erhöhung der Pensionen von Frauen führen. Laut den Materialien zum allgemeinen Pensionsgesetz (AGB) sei Pensionssplitting ein "weiterer Schritt" in Richtung einer "eigenständigen Pensionsversorgung der Frauen". Allerdings zulasten der Familien, so Janesch. Früher hätte den Ausgleich für Teilzeitarbeit stärker die Versichertengemeinschaft getragen. Durch das Pensionssplitting bzw. das Pensionskonto wurde diese Verantwortung mehr auf die Familie übertragen – was die Frau im Rahmen des Pensionssplittings an Pension gewinnt, verliert der Mann.

Frage? Wie funktioniert Pensionssplitting?

Antwort: Pensionssplitting muss bei der Pensionsversicherungsanstalt beantragt werden. Jener Elternteil, der Lohnarbeit leistet, kann darüber entscheiden, wie viel Prozent seiner Teilpensionsgutschrift er auf jenen Elternteil übertragen will, der zu Hause unentgeltliche Sorgearbeit leistet. Man kann für jedes Jahr neu darüber entscheiden, ob und in welcher Höhe man Pensionsgutschriften übertragen will. Fünfzig Prozent ist die Höchstgrenze für eine Pensionsgutschrift. Die Übertragung der Pensionsgutschriften ist also jahresweise vom Geburtstag des Kindes bis zum siebten Geburtstages des Kindes möglich. Die Anträge auf Pensionssplitting müssen spätestens bis zum zehnten Geburtstag des letztgeborenen Kindes gestellt werden.

Frage: Wer kann es in Anspruch nehmen?

Antwort: Pensionssplitting können die Eltern von leiblichen Kindern sowie Adoptiv- und Pflegekindern in Anspruch nehmen. Die Eltern müssen nicht verheiratet sein.

Frage: Für wen ist Pensionssplitting sinnvoll?

Antwort: Grundsätzlich ist die Übertragung der Pensionsgutschrift für alle möglich, nicht nur für Frauen. Pensionssplitting ist für alle sinnvoll, die aufgrund von Betreuungsarbeit eine niedrige Pension zu erwarten haben, während der andere Elternteil frei von Sorgearbeit ein gutes Lebenseinkommen erwerben kann. Generell ist Pensionssplitting eher für Frauen interessant: Wegen der neuen Durchrechnungszeiten verringern sich wegen der hohen Teilzeitquote von Frauen und dem Mehr an Sorgearbeit vor allem Frauenpensionen. "Pensionssplitting ist für Frauen interessant, die bewusst beruflich zurückstecken, damit ihr Mann ungehindert weiter Karriere machen kann", sagt Manuela Vollmann, Geschäftsführerin von ABZ Austria, wo sich Frauen zu beruflichen Fragen beraten lassen können. In so einem Fall sei Pensionssplitting eine sinnvolle Möglichkeit, sich zumindest dieses Geld zu reservieren, sagt Vollmann.

Frage: Was ist, wenn der Partner stirbt?

Antwort: Pensionssplitting und Witwenpension/Witwerpension schließen einander nicht aus. Wer Pensionssplitting gemacht hat, bekommt trotzdem eine Witwenpension/Witwerpension. Eine solche bekommen all jene, die weniger, gleich viel oder auch mehr als der Partner oder die Partnerin verdient haben – erst wer mehr als 230 Prozent als der Partner/die Partnerin verdient hat, hat keinen Anspruch auf eine Witwen/Witwerpension.

Frage: Was passiert mit übertragenen Pensionsgutschriften, wenn man sich trennt?

Antwort: Ob die Eltern zusammenleben oder nicht, spielt keine Rolle. Wer Pensionsgutschriften übertragen hat, kann das nicht widerrufen – auch wenn das während einer Ehe getan wurde, die inzwischen geschieden ist. Pensionssplitting ist unwiderruflich. Der Hintergrund ist, dass eine bestimmte Zeit in unentgeltliche Sorgearbeit investiert wurde. Die Sorgearbeit wurde somit bereits geleistet, deshalb kann im Nachhinein diese Vereinbarung nicht wieder rückgängig gemacht werden.

Frage: Wie viele haben bisher Pensionssplitting in Anspruch genommen?

Antwort: Von 2010 bis 2017 wurden insgesamt nur 954 Anträge gestellt. Im Jahr 2018 gab es mit 412 Anträgen zwar einen deutlichen Anstieg, trotzdem bleibt Pensionssplitting insgesamt eine kaum genutzte Möglichkeit.

Frage: Warum nehmen so wenige Menschen Pensionssplitting in Anspruch?

Antwort: Noch immer wissen zu wenige, dass es diese Möglichkeit überhaupt gibt, sagen Expertinnen. Laut Ursula Janesch würden sich viele gerade in der Lebensphase mit kleinen Kindern überhaupt keine Gedanken über ihre Pension machen. Das bestätigt auch Manuela Vollmann aus der Beratungspraxis. Sämtliche Detailfragen rund um die Betreuung der Kinder dominieren ihren Alltag, die Pension scheint da ganz weit weg zu sein. Pensionssplitting ist für Frauen aus dem Niedriglohnsektor noch unbekannter, weiß Vollmann. Dort herrsche auch noch stärker die Vorstellung vor, dass unbezahlte Arbeit nun einmal "Frauenarbeit" sei. Auch den Satz "Damit brauche ich meinem Mann gar nicht kommen" höre man in den Beratungen oft. Es ist demnach für viele selbstverständlich, dass es für Sorgearbeit nun einmal nichts gibt – auch wenn dies später Altersarmut bedeuten kann. Der Frauenanteil an armutsgefährdeten Personen ab 65 Jahren liegt bei 69,2 Prozent. Für viele ist auch ein Hinderungsgrund, dass das Pensionssplitting unwiderruflich ist. "Das schreckt viele ab", so Vollmann.

Frage: Wäre ein automatisches Pensionssplitting, wie es Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß fordert, sinnvoll?

Antwort: Pensionssplitting ist nicht die Lösung für das Problem der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, darin sind sich die Expertinnen einig. Es kann nur den aktuellen Status quo von hoher Teilzeitquote und daher niedrigeren Einkommen von Frauen etwas abmildern, sagt Janesch. Vollmann fordert statt eines verpflichtenden Pensionssplittings, dass die Kindererziehungszeiten und die Pensionsanrechnungszeiten eines Elternpaares zusammengefasst und gerecht aufgeteilt werden sollten. "Das würde die traditionelle Rollenverteilung aufbrechen", sagt Vollmann, die in einem verpflichtenden Pensionssplitting die Gefahr einer "Retraditionalisierung" sieht. Die Arbeitsmarktexpertin findet eine Informationskampagne zum Pensionssplitting sinnvoll, aber keine Verpflichtung.

Frage: Ist Pensionssplitting aus frauenpolitischer Sicht überhaupt sinnvoll?

Antwort: Gleichstellungsorientierte Frauenpolitik soll Müttern in erster Linie Erwerbstätigkeit ermöglichen, sagt Ursula Janesch. Pensionssplitting wäre eher eine Krücke für die bestehenden Probleme, aber kein echter Lösungsansatz. Sie sieht im Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen mit langen Öffnungszeiten und in einer Verringerung der Normalarbeitszeit sinnvollere Zukunftsprojekte. (Beate Hausbichler, 9.4.2019)