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Digitale Ethik? Warum ein Beiwort, fragt man sich beim Titel des neuen Buchs von Sarah Spiekermann. Die Autorin nimmt die Leserin mit auf eine Reise in die Digitalisierung, die 1996 beginnt. Die Buchautorin, 22 Jahre alt, ereilt beim Netzwerkausrüster 3Com "das digitale Fieber". Das Silicon-Valley-Unternehmen war die "erste Autobahnauffahrt" ins World Wide Web. Und das war damals ein "bunter Raum voller Kreativität" statt grauer Effizienz.

Verdrängte Werte

Und ja, in einem Bereich, in dem alles möglich scheint, wenn es nur einen Markt findet, da erweist sich das Wörtchen "digital" doch als guter Anlass, einmal genauer hinzusehen, auf die Start-up-Branche etwa, in der man lernt, "wie schnell man verdrängen kann, was eigentlich ethisch richtig ist, nämlich die Privatheit von Leuten zu schützen und Topmanagern nicht zu viel Macht zu geben". Wo man im "Sog des Gewinnenwollens" das "schlechte Gewissen" überspiele.

Ein Beispiel: Spiekermann, die heute Innovationsmanagement an der WU Wien unterrichtet, stellt Studierenden die Aufgabe, eine Roadmap für das fiktive Produkt "FoodIS" zu entwickeln. Deren Fokus ist erst auf angebliche Notwendigkeiten der Digitalisierung gerichtet. Wird das Tun aber nach Werten ausgerichtet, muss es bei der Essensauslieferung mit dem Fahrrad nicht um Effizienz gehen, sondern um Freude und Gesundheit – schon wird FoodIS zur Fitness-App für Sportler.

Spiekermann plädiert dafür, "sich von rein ökonomischer Rationalität zu lösen", hin zu einem "wertvollen Denken", und ermutigt zur Frage, was man selbst beitragen kann. (Sabine Bürger, 8.4.2019)