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Ende vergangener Woche gab es an der Grenze zu Mexiko noch einen Handschlag für Kirstjen Nielsen.

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Auch Randolph Alles seinen Posten als Chef des Secret Service räumen.

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Im Zug eines nochmals verschärften Kurses gegen illegale Einwanderer hat Donald Trump seine Ministerin für Heimatschutz, Kirstjen Nielsen, zum Rücktritt gezwungen. Der US-Präsident setzt auf kompromisslose Härte und stellt neuerdings auch die Asylgesetzgebung infrage, um Migranten aus Mittelamerika abzuschrecken.

Auslöser war wohl der Konflikt um eine Personalie. Überraschend hatte Trump seine Unterstützung für den Kandidaten zurückgezogen, dem Nielsen die Leitung der Einwanderungspolizei ICE übertragen wollte. Der sei ein guter Mann, "aber wir gehen in eine härtere Richtung", sagte er, die Ministerin in aller Öffentlichkeit düpierend. Damit waren auch Nielsens Tage an der Spitze des Homeland-Security-Ressorts gezählt, zumal Hardliner wie John Bolton, der Nationale Sicherheitsberater, seit Monaten auf ihre Entlassung drängten.

Wiederholt hatte Trump ihr die Schuld an der Lage an der mexikanischen Grenze gegeben, wo die Zahl illegaler Einwanderer wieder ansteigt, nachdem sie 2017 auf ein Rekordtief gefallen war. Bisweilen soll er sie früh am Morgen zu Hause angerufen haben, um rigoroses Durchgreifen zu verlangen. In dem apokalyptischen Bild, wie er es malt, befindet sich die Grenzregion in einer Art Ausnahmezustand.

Da Nielsen, eher eine Technokratin der Macht, seine Rhetorik bisweilen nicht teilte, musste sie gehen. Ihr Nachfolger Kevin McAlleenan, bislang Chef der Zoll- und Grenzschutzbehörde, liegt dagegen auch verbal eher auf der Linie des Präsidenten.

Trumps Sorge ums System

"Das System ist über seine Kapazität hinaus belastet und droht zusammenzubrechen", warnte er erst vor wenigen Wochen. In Wahrheit ergibt sich ein sehr viel differenziertes Bild. Nach einer Statistik des Pew-Instituts in Washington ist die Zahl von Mexikanern, die die Grenze ohne gültige Papiere überqueren, auf den niedrigsten Wert seit dem Ende der 1970er-Jahre gesunken. Nach oben geht der Trend dagegen bei Migranten aus zentralamerikanischen Ländern wie El Salvador, Guatemala und Honduras. Nach offiziellen Angaben wurden von Oktober 2018 bis Februar 2019 dreimal so viele von Grenzpatrouillen festgenommen wie im selben Zeitraum in den Jahren 2017 und 2018. Meist sind es Mütter mit ihren Kindern, die sich in die USA durchschlagen, um Asyl zu beantragen.

Präsident Trump macht daraus eine Krise, deren Dramatik in seinen Worten entschlossenes Handeln verlangt. "Unser Land ist voll. Ihr könnt nicht kommen, kehrt wieder um", rief er am Wochenende auf einer Kundgebung in Las Vegas, um sich sodann über Asylbewerber lustig zu machen. "Einige der rauesten Leute, die man je gesehen hat. Leute, die aussehen, als könnten sie für die UFC (eine Kampfsport-Organisation, Anm.) an den Start gehen."

Der New York Times zufolge soll Trump seine Heimatschutzministerin aufgefordert haben, Migranten daran zu hindern, einen Asylantrag zu stellen. Als Nielsen darauf verwies, dass so etwas nach geltendem Recht nicht möglich sei, soll der Präsident getobt haben. Bereits vor einem Jahr, schreibt die Zeitung, habe die nun zurückgetretene Ministerin ebenfalls seinen Zorn auf sich gezogen, als sie sich wochenlang weigerte, eine Direktive zu unterschreiben, die es ermöglichte, Migrantenkinder an der Grenze von ihren Eltern zu trennen.

"Agenda der Furcht"

In fast dreitausend Fällen sind Familien auf diese Weise auseinandergerissen worden, bevor das Weiße Haus schließlich einen Rückzieher machte. Falls sich Nielsen intern gegen die Praxis gewehrt haben sollte – in der Öffentlichkeit war davon nichts zu spüren. Das ist auch der Grund, warum sich das Bedauern über ihren erzwungenen Rücktritt in Grenzen hält.

Das Heimatschutzressort sei zu einem wichtigen Faktor in Trumps verfassungswidriger, migrantenfeindlicher "Agenda der Furcht" geworden, und Nielsen habe das zugelassen, kritisiert die Bürgerrechtsliga ACLU. Sie habe mit zu verantworten, dass Menschenrechte aufs Krasseste verletzt worden seien.

Chuck Schumer, im Senat die Nummer eins der Demokraten, wirft dem Staatschef vor, dass diesem das Gefühl für die Realität längst abhandengekommen sei: "Wenn selbst die radikalsten Stimmen des Kabinetts für Präsident Trump nicht radikal genug sind, dann weiß man, dass er jeglichen Kontakt zum amerikanischen Volk verloren hat."

Weitere Schritte der Härte sind zu erwarten: Am Montagabend wurde bekannt, dass auch der Chef des dem Heimatschutzministerium unterstehenden Secret Service, Randolph Alles, seinen Posten auf Geheiß Trumps räumen muss. Sein Nachfolger soll im Mai James Murray werden, wie das Weiße Haus bekanntgab. (Frank Herrmann aus Washington, 8.4.2019)