Gut 460 Kilometer lang war der Eiserne Vorhang zwischen Österreich und der Tschechoslowakei, ehe er 1989 löchrig wurde und sich 2007 in eine offene, grüne Grenze zwischen den Nachbarn verwandelte. 2012 hat die Historikerin Julia Köstenberger das ehemalige Sperrgebiet erstmals mit dem Rad erkundet – und seither 2.500 Kilometer entlang des Iron-Curtain-Trails für ihr Buch "Grenzenlos Radeln" zurück gelegt. Das sind ihre Routenempfehlungen.

Die reizvollste Route

"Die erste gefahrene Strecke wird wohl immer meine Lieblingsstrecke bleiben", sagt Köstenberger über den 77 Kilometer langen Abschnitt von Retz über Znaim nach Laa. Die Route durchs Thayatal sei landschaftlich lohnend und gegebenenfalls einfach zu verkürzen, indem man den Zug bis oder von Znaim nimmt.

Die Altstadt von Znaim
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Das zahle sich für all jene aus, die unterwegs Museen besuchen oder öfter einkehren wollen. Für kulturell Interessierte gibt es im Juli zudem das Festival Retz und die Internationalen Musikfestspiele Znojmo, die Opern, klassische Musik, Literatur und Lesungen in die Grenzregionen bringen. Ideal für Radler: Entlang dieser Route durchs Weinviertel und durch Südmähren ist es auch merkbar wärmer und trockener als in den Nachbarregionen.

Die historisch spannendste Route

"Es ist erstaunlich, wie sehr Spuren des Eisernen Vorhangs auf den meisten Abschnitten nachvollziehbar bleiben", meint Köstenberger, doch insbesondere könne sie den Grenzübergang bei Hardegg und Čížov empfehlen. Das renovierte ehemalige Zollhaus wurde im Mai 2017 als Infopoint des Nationalparks Podyjí wiedereröffnet. In diesem Bereich sei zudem der Grenzzaun im Original erhalten geblieben, die Panzerbegleitwege seien noch gut erkennbar.

Aus den ehemaligen Panzerbegleitwegen am Eisernen Vorhang wurden in Tschechien vielerorts Radwege.
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Häufig deckt sich die Radroutenführung sogar mit diesen Wegen. Der 300 Meter lange Stacheldrahtzaun und ein Wachturm stehen in Čížov jedenfalls unverändert an der ursprünglichen Stelle – vier Kilometer im Landesinneren. Das ist einzigartig im heutigen Tschechien, denn alle anderen Zäune sind nachträglich aufgebaute Schaustücke.

Auch die Routenführung im Böhmerwald sei lohnend: Entlang des Schwarzenbergischen Schwemmkanals, auf dem ab dem 18. Jahrhundert Holz gedriftet wurde, müsse man sich zwar den Eisernen Vorhang "dazudenken", die reizvolle Umgebung entschädige aber dafür, wie Köstenberger meint.

Die unattraktivste Route

"Es gibt unterwegs schon einige Abschnitte, wo sich Fuchs und Henne gute Nacht sagen, aber auch das hat seinen Reiz. Mich hat eigentlich nur die Routenführung zwischen Slavonice und Drosendorf auf tschechischer Seite wenig überzeugt – deshalb schlage ich im Buch auch eine alternative Strecke vor", sagt Köstenberger. Tatsächlich ist es lohnender, in diesem Bereich auf der österreichischen Seite in Thaya-Nähe zu bleiben und über Karlstein zu fahren.

Schloss Karlstein
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Auf dem kurzen Abschnitt von Ober- nach Niederösterreich ist es genau umgekehrt: Dort verläuft die vorgeschlagene Route auf einer stark befahrenen Bundesstraße. Besser, man weicht auf die tschechische Seite aus und steuert Pohoří na Šumavě an, um dort die Grenze in Richtung Karlstift zu überqueren. "Die Verantwortlichen für den Iron-Curtain-Trail sind aber sehr bemüht, die Streckenführung laufend zu verbessern", meint Köstenberger. (saum, 12.4.2019)