Salzburg – Eine Fahne machte ihn zum Terrorverdächtigen. Ein 31-jähriger Flüchtling aus Nordsyrien musste sich am Dienstag vor einem Schöffensenat wegen der Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung und einer kriminellen Organisation am Landesgericht Salzburg verantworten. Der Kurde soll im Jänner 2018 bei einer Demo am Salzburger Hauptbahnhof eine Fahne der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) getragen haben. Die Polizei nahm ihn daraufhin fest. Der 31-Jährige ist zu Mittag vom Schöffensenat freigesprochen worden.

Bei der Demo gegen die militärische Intervention der Türkei in Afrin habe der Mann mit der Fahne für die PKK geworben und öffentlich seine Sympathie bekundet, argumentiert der Staatsanwalt und begründete dann, warum die PKK eine Terrorvereinigung sei. Sie sei streng hierarchisch organisiert, führe einen Guerillakrieg gegen den türkischen Staat, bei dem Anschläge verübt und Entführungen durchgeführt wurden, betonte der Staatsanwalt. Laut türkischen Schätzungen seien dabei bereits 40.000 Menschen ums Leben gekommen.

"Es müssen nicht die Ziele per se terroristisch sein, sondern es reicht, wenn sie mit terroristischen Mitteln verfolgt werden", sagte der Staatsanwalt. Das Oberlandesgericht Linz habe darüber hinaus den Anklageeinspruch, die PKK sei keine terroristische Vereinigung, abgelehnt.

Verteidiger: "Überzogen, unsachlich, unhaltbar"

Der Verteidiger Gerhard Mory hält die Anklage für "extrem überzogen, unsachlich und grundrechtlich unhaltbar". Den langen Eröffnungsvortrag werte er als Indiz, dass der Staatsanwalt Not habe, die Anklage zu begründen. 80 Prozent aller türkischen Kurden würden die PKK als ihre politische Vertretung ansehen, betonte der Verteidiger.

Es sei zudem schlampig ermittelt worden. Der Angeklagte habe die Fahne nicht mitgehabt. Er hätte sie nur für ein Foto zur Erinnerung ausgeliehen, sagte Mory. Auch dass er sie während der Demo geschwenkt habe, stimme nicht – es sei um 13.35 Uhr passiert, die Demo habe erst um 14 Uhr gestartet. "Das ist alles an den Haaren herbeigezogen", ärgert sich der Verteidiger. Der Vorwurf der Beteiligung an einer kriminellen Organisation werde mit der Anklage "in unerträglicher Weise" ins Uferlose ausgedehnt und damit das Grundrecht auf politische Meinungsäußerung völlig ausgehöhlt.

Jugendliche hatten Fahne dabei

Der Kurde zeigte in seiner Einvernahme Unverständnis für die Festnahme. Er sei von anderen Kurden in seinem Ort darauf hingewiesen worden, dass es diese Kundgebung gebe. Er war erstmal bei einer Demo. Eine Gruppe Jugendlicher hatte die Fahne dabei, und er wollte sich damit fotografieren, "dann kam die Polizei und nahm mich fest", übersetzt ein Dolmetscher den anerkannten Flüchtling. Die Fahne habe er sich dabei wie einen Umhang um die Schultern gehängt.

Der vorsitzende Richter des Schöffensenats hält die PKK-Flagge hoch und fragt: "War das so eine Fahne?" Der Angeklagte antworte: "Ich kann mich nicht mehr genau erinnern." Nur so viel: Es seien die kurdischen Farben drauf gewesen Rot, Grün, Gelb.

Für den Schöffensenat reichten die Vorhalte der Staatsanwaltschaft nicht für einen Schuldspruch. Er habe nicht bewusst für die PKK geworben, es seien auch bei der Hausdurchsuchung keine Anzeichen für eine Mitgliedschaft gefunden worden. Freispruch. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, der Staatsanwalt hat keine Erklärung abgegeben. (Stefanie Ruep, 9.4.2019)