Feministinnen zögen sich in ihre Blase zurück, heißt es. Doch was ist mit der großen anderen Blase?

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Immer wieder kommt diese Sache mit der Blase, der Filterblase, den Echokammern. Auf verschiedensten Ebenen, zu diversen Anlässen. Konkret ist es der Vorwurf, man solle sich doch bitte mal aus seiner Filterblase, seiner Echokammer rausbewegen. Aus seiner feministischen, queeren, politisch korrekten oder was auch immer. Diese Aufforderung kommt meist in Kombination damit, man solle doch bitte den Blick auf die Realität richten, schauen, was eigentlich "wirklich" los ist. Was die "echten" Probleme sind.

Zuletzt kam die Blasenmetapher in der Debatte zur Veranstaltung der Parteiakademie der Liste Jetzt wieder zum Einsatz – und machte einige damit verbundene Unsinnigkeiten deutlich. Nehmen wir etwa den Kommentar von Maria Stern. Als Parteichefin der Liste Jetzt bewerkstelligte sie die Verteidigung der Einladungspolitik der Veranstaltung "Disorder Under Heaven" mit Slavoj Žižek, Peter Pilz und Robert Pfaller ausgerechnet mit der Aufforderung, Feministinnen sollten doch bitte ihre Echokammern verlassen.

Dauerzustand in einer Blase

Angesichts dieses Anlasses muss man sich die Augen reiben, um diese argumentative Wendung glauben zu können: Eine Veranstaltung lädt drei ungefähr gleich alte Männer ein, alle in angesehener gesellschaftlicher Stellung, mit ähnlichen politischen Positionen und einer sehr, sehr ähnlichen Haltung gegenüber neueren Aktivismen (Stichwort #MeToo) und dem Feminismus. Wenn das keine Filterblase, keine Echokammer ist – was ist es denn dann? Ganz einfach: Es ist der Normalfall, und genau deshalb fällt es offenbar auch nicht weiter als Blase auf.

Stern ist damit also nicht allein, doch das macht es nicht minder verquer, eine völlig einseitige Einladungspolitik mit der Aufforderung an Feministinnen zu rechtfertigen, doch bitte offener, gesprächsbereiter zu sein. Wie denn, wenn man offenbar unter sich bleiben wollte?

Mit dem Vorwurf der feministischen intoleranten Echokammern schwingt gern auch jener des Elitismus mit, in dem sich Feministinnen inzwischen wohlfühlen würden. Interessanterweise wird dieser Vorwurf parallel dazu aber nicht an (linke) Philosophen gerichtet, in dem Sinne, dass sie schon qua ihrer Stellung keine Ahnung von den Problemen einfacher Arbeiter hätten. Dass sie nur da oben sitzen und reden, völlig im eigenen Dunstkreis verharren.

Gemütlich in der Echokammer

Die häufige Kritik an einem angeblichen Rückzug von Feministinnen in "ihre Blase" verkennt zudem völlig die gesellschaftlichen Machtverhältnisse. Sexismus und Rassismus begegnet uns überall, wir bewegen uns ständig in einer patriarchalen/rassistischen Blase. Jene, die sich darin pudelwohl fühlen, fällt dies freilich nicht auf. Allen anderen steht es deshalb wohl zumindest zu, sich tatsächlich manchmal zurückzuziehen. Und es steht ihnen auch zu, dass sie sich dort Solidarität von jenen holen, die dieses Unbehagen in der herrschenden Blase auch kennen.

Die Journalistin Vanessa Spannbauer hat das letzte Woche schön formuliert: "Ja, diese Blasen existieren", sagte sie bei der Veranstaltung "Disorder Under Hell" des Frauenvolksbegehrens. Sie seien für sie ein kleiner Rückzugsort, wenn man mal rauskommen wolle– weil das, was man täglich in der Gesellschaft erlebe, einfach sehr düster sein könne. (Beate Hausbichler, 10.4.2019)