Wien – Noch vor Bekanntwerden der Razzia rief die SPÖ am Dienstag in einer Pressekonferenz die Regierung zum Handeln gegen Rechtsextremismus auf: Das Innenministerium müsse eine Strategie vorlegen, eine Sonderkommission zu rechtsextremem Terror einrichten, eine Beratung für ausstiegswillige Rechtsextreme schaffen und den unter Schwarz-Blau I abgeschafften Rechtsextremismus-Bericht wieder einzuführen.
Stopp von Inseraten
Außerdem fordert SPÖ-Gedenkpolitik-Sprecherin Sabine Schatz einen "Stopp von Inseraten in rechtsextremen Medien". In den vergangenen Tagen habe sich alles auf die Identitären konzentriert, das wahre Problem liege aber darin, dass die FPÖ in einem rechtsextremen Milieu eingebettet sei, sagt auch Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda. In diesem Milieu komme Identitären die Rolle einer "Jugendbewegung" zu, erklärt Politologin Natascha Strobl: Sie bedienen gezielt soziale Medien, in denen junge Menschen sich bewegen, um dort "mit Aktionismus und Bildstrategien den Diskurs zu kapern", so Strobl, und "die FPÖ macht sich das zunutze". Wenn die FPÖ sich jetzt personell von den Identitären distanziere, ändere das nichts daran, dass sie sich aus demselben ideologischen Nährboden speisen, sagt auch Politologin Judith Götz.
Menschenverachtend
Diese Ideologie sei menschenverachtend und "brandgefährlich": Ihre Ziele seien nur mit Gewalt zu erreichen, das jüngste dramatische Beispiel dafür sei das Attentat in Neuseeland mit 50 Toten.
Auch die Organisation SOS Mitmensch nahm sich am Dienstag der Identitären an. In einem Dossier, das den Zeitraum von 2014 bis zur Gegenwart umfasst, werden mindestens 48 Verflechtungs- und Berührungspunkte zwischen den Identitären und der FPÖ penibel aufgelistet: Personen, politische Büros und rechte Medien.
2014 war das Jahr, da der Verfassungsschutz erstmals einen Bericht über die Identitäre Bewegung vorlegte, in dem bereits festgehalten wurde, dass darin "amtsbekannte Neonazis" aktiv seien. "Ohne die Unterstützung durch FPÖ-Politiker und FPÖ-nahe Medien wären die "Identitären" nie so präsent geworden wie sie es jetzt sind. Erst der jahrelange Rückhalt durch Teile der FPÖ-Parteiführung hat der rechtsextremen Gruppierung eine gewisse Breitenwirksamkeit ermöglicht", so Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch. (cms, sterk, 10.4.2019)