Baumaschinen sind auch bei der Erneuerung der Wiener U-Bahn-Linie Nummer vier (im Bild die Station Pilgramgasse) im Einsatz. Neben dem privaten Pkw-Verkehr zählen sie zu den größten CO2-Emittenten.

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Es ist unsichtbar, riecht nicht, schmeckt nach nichts. CO2, die chemische Verbindung aus Kohlenstoff und Sauerstoff, ist für das Wachstum von Pflanzen essenziell; bei hoher Konzentration wird Kohlendioxid aber zur Gefahr. Will man die Erderwärmung in den Griff bekommen, muss zuallererst beim Verkehr als mit Abstand wichtigstem Verursacher von CO2-Emissionen angesetzt werden, sind sich so gut wie alle Experten einig.

Manche Städte greifen zur Selbsthilfe, verhängen Fahrverbote wie Hamburg und Stuttgart oder verteuern die Einfahrt in Zentren wie London. Oder setzen an vielen Enden an wie Oslo.

Oslo als Vorreiter

Die norwegische Hauptstadt ist nicht nur Vorreiter, was die Elektromobilität betrifft, die Stadt am Oslofjord ist in Sachen Klimaschutz innovativ wie kaum eine andere. "Bei uns hört man nur, dass etwas nicht geht; dort macht man es möglich, ist pragmatisch", sagt Gerald Babel-Sutter. Der in Wien geborene und in Graz wohnhafte Gründer und CEO der Urban Future Global Conference GmbH hat sich dem Ziel verschrieben, Stadtverantwortliche miteinander zu vernetzen, um voneinander zu lernen. Warum gerade Städte? "Weil der Zuzug in urbane Zentren weitergeht und die Hebelwirkung dort größer ist als auf dem Land", sagte Babel-Sutter dem STANDARD.

Nach Graz (2014) und Wien (2018) findet die Urban-Future-Konferenz heuer vom 22. bis 24. Mai in Oslo statt, und das nicht zufällig. Oslo hat sich gegen 13 andere Städte als "European Green Capital 2019" durchgesetzt.

"Umwelthauptstadt Europas"

Die seit 2015 von einer Koalition aus Arbeiterpartei, Grünen und Linken regierte "Umwelthauptstadt Europas" hat sich vorgenommen, bis zum Jahr 2030 nahezu fossilfrei zu werden. "Die Verantwortlichen dort machen nicht in Klein-Klein, sie gehen konsequent an die Dinge heran", sagt Babel-Sutter. Bis Ende nächsten Jahres sollen die Emissionen um 50 Prozent sinken, zehn Jahre später die angepeilten 95 Prozent CO2-Minderung erreicht sein. Babel-Sutter: "Es gibt Budget- und Umsetzungspläne, heruntergebrochen auf jeden Bezirk und jedes Viertel."

Neben dem privaten Autoverkehr, der mittels großzügiger Anreize für Elektroautos zunehmend sauberer wird, hat Oslo auch Baustellen ins Visier genommen. Baufahrzeuge seien zusammengerechnet der zweitgrößte Emittent von Kohlendioxid nach Privat-Pkws, sagt Babel-Sutter.

Dass man eine Baustelle so gut wie fossilfrei betreiben kann, wurde in Oslo vor vier Jahren vorgemacht. Statt schwerer Dieselmotoren kam Aushubgerät zum Einsatz, das teils elektrisch, teils mit Biodiesel betrieben wurde. Der US-Maschinenbauer Caterpillar etwa hat bereits einen ersten Bagger im Programm, der mit Strom fährt.

Beheizte Baustellen

Eine Lösung wurde auch für das Beheizen von Winterbaustellen gefunden. Damit Zement auch bei niedrigen Temperaturen aushärtet, wurde bisher Wärme mittels großer Dieselaggregate produziert und hineingeblasen. Bis man begann, ganzheitlich zu denken.

"Die Fernwärmegesellschaft hat sich bemüht, die Rohre noch während des Baus und nicht erst hinterher zu verlegen. Jetzt kann zum Beheizen von Baustellen auf Fernwärme zurückgegriffen werden", sagt Babel-Sutter.

Einen ähnlichen Pragmatismus wünscht sich der Gründer der Global-Future-Konferenz auch in unseren Breiten. In Österreich weisen die Zeichen momentan in eine andere Richtung. Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) etwa hat der jüngsten Forderung des Umweltbundesamtes nach Tempo 100 auf Autobahnen und Schnellstraßen eine Absage erteilt, noch ehe darüber diskutiert wurde. Hofer: "Für Maßnahmen, die Autofahrer schikanieren, stehe ich nicht zur Verfügung." (Günther Strobl, 10.4.2019)