Braune Zwerge sind gescheiterte Sterne oder übergroße Planeten.

Illustr.: Chuck Carter and Gregg Hallinan/Caltech

Es gibt Sterne und es gibt Planeten. Lange Zeit kannte man nichts, das eventuell dazwischen liegen könnte. Tatsächlich aber haben Astrophysiker 1995 erstmals eine Art Zwischending identifiziert. Die theoretischen Grundlagen für diese Entdeckung wurden jedoch schon in den 1960er-Jahren gelegt. Dieses astronomische "Missing Link" nennt sich "Brauner Zwerg" und ist mit unter 75 Jupitermassen nicht schwer genug, jene Wasserstofffusion zu starten, die zumindest Rote Zwergsterne zum Strahlen bringen. Allerdings reicht ihre Masse von mindestens 13 Jupitermassen dazu aus, Deuterium, ein natürliches Isotop des Wasserstoffs, gemeinsam mit einem Proton zu Helium-3 zu fusionieren.

Das Ergebnis ist ein Himmelskörper, der Gasriesen ähnelt, aber im sichtbaren Lichtspektrum nur schwach strahlt. Die Frage ihrer Entstehung ist bisher nicht vollständig geklärt. Eine Antwort könnten nun Astronomen der Universität Heidelberg liefern. Sie entdeckten, dass der Stern ν Ophiuchi in der Milchstraße von zwei Braunen Zwergen umkreist wird, die mit großer Wahrscheinlichkeit gleichzeitig mit dem Stern aus einer Gas- und Staub-Scheibe entstanden sind – so wie dies bei Planeten der Fall ist. Die Forschungsergebnisse wurden im Fachjournal "Astronomy & Astrophysics" veröffentlicht.

Womöglich 100 Milliarden Braune Zwerge in der Milchstraße

Braune Zwerge umkreisen entweder einen Stern oder bewegen sich isoliert in den Weiten der Milchstraße. Ihre Masse reicht aus, um in ihrem Inneren wenigstens zeitweise durch Kernfusionsprozesse Energie zu erzeugen. Sie sind jedoch nicht schwer genug, um im Kern eine Wasserstofffusion in Gang zu setzen und aus diesem Grund "selbstleuchtend" zu sein. Entdecken lassen sie sich durch die Wärmestrahlung, die sie nach ihrem Entstehungsprozess immer noch abgeben. Nach Schätzungen könnte es bis zu 100 Milliarden Braune Zwerge in der Milchstraße geben. Noch ist nicht eindeutig geklärt, wie sie entstehen: Ob sie tatsächlich "gescheiterte Sterne" oder möglicherweise auch eine Art "Super-Planeten" sind.

Die aktuellen Entdeckungen am Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH) könnten nun eine Antwort auf die Frage der Entstehung liefern. Andreas Quirrenbach und sein Team werteten an der zum ZAH gehörenden Landessternwarte Königstuhl die Schwankungen in der Radialgeschwindigkeit des Sterns ν Ophiuchi aus. Die Heidelberger Wissenschafter sowie weitere Astronomen hatten seine Geschwindigkeit über einen Zeitraum von elf Jahren mit Teleskopen in den USA und Japan gemessen. Der Stern hat etwas mehr als die zweieinhalbfache Masse der Sonne und befindet sich in rund 150 Lichtjahren Entfernung von der Erde im Sternbild "Schlangenträger".

Zwei Braune Zwerge in einem "Super-Planetensystem"

In den Messungen entdeckten die Forscher aus Heidelberg ein bestimmtes Muster, wie es zum Beispiel durch umlaufende Planeten oder Doppelsterne verursacht wird. Grundsätzlich ist dies nichts Ungewöhnliches für die Astronomen. In diesem Fall verriet die aufwendige Analyse der Daten jedoch Erstaunliches: Offensichtlich wird ν Ophiuchi von zwei Braunen Zwergen mit einer Umlaufzeit von rund 530 und 3.185 Tagen umkreist. Sie befinden sich damit in einer sogenannten 6:1-Resonanz. Das bedeutet, dass der näher an ν Ophiuchi liegende Braune Zwerg seinen Stern genau sechsmal umkreist, während der andere, weiter entfernte Braune Zwerg nur eine Umlaufbahn vollendet.

Diese Entdeckung wirft ein völlig neues Licht auf die Bildung von Braunen Zwergen: Entstehen sie ausschließlich wie normale Sterne in interstellaren Wolken oder können sie sich auch in der sogenannten protoplanetaren Scheibe aus Gas und Staub bilden, die den Mutterstern in der Frühphase seiner Entstehung umgibt? "Die 6:1-Resonanz ist ein starker Hinweis auf letzteres Szenario", erläutert Quirrenbach. "Nur in diesem Fall könnten sich die Umlaufbahnen der neu entstandenen Braunen Zwerge über Millionen von Jahren auf eine stabile Resonanz einstellen."

Das erste seiner Art

Das legen vor allem aufwendige dynamische Analysen für mögliche Konfigurationen des ν Ophiuchi-Systems nahe. Bislang ist dieses "Super-Planetensystem" das erste seiner Art und zugleich der erste sichere Hinweis auf die Entstehung von Braunen Zwergen in einer protoplanetaren Scheibe, wie Quirrenbach betont. Der Wissenschafter und sein Team hoffen jedoch auf weitere Funde dieser Art, um damit letztendlich klären zu können, wie viele der "gescheiterten Sterne" in Wirklichkeit die massereicheren Geschwister von Jupiter und Saturn sind. (red, 11.4.2019)