Worte gegen rechts: Michael Köhlmeier.

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Der Demokrat und Spanienkämpfer Ferdinand Berger (1917–2004) überlebte wie durch ein Wunder die Nazidiktatur. Nach Kriegsende wollte er Österreich nicht sich selbst überlassen. Berger, der wusste, wozu Einheimische imstande sind, ergriff den ehrbaren Beruf des Polizisten. Eine Demokratie ist selten um Feinde verlegen, die sie in ihrer Substanz schwächen wollen. Sie bedarf engagierter Wächter.

Günstigstenfalls gehören derart Engagierte der Zivilgesellschaft an. Der in Bergers Namen ausgelobte Preis gegen Rechtsextremismus, vergeben vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) und Bergers Familie (3.000 Euro), wurde im Wiener Rathaus zum zweiten Mal überreicht: an Michael Köhlmeier. Geehrt werden Personen, "die durch wissenschaftliche oder publizistische Leistungen oder durch besonderes öffentliches Auftreten einen markanten Beitrag gegen Neofaschismus, Rechtsextremismus, Rassismus oder demokratiegefährdendes Verhalten geleistet haben".

Wächterfunktion

Der Vorarlberger Autor nahm die offiziell von niemandem bekleidete Wächterfunktion vor rund einem Jahr schon einmal wahr. Köhlmeier drückte damals gegenüber Vertretern der Republik eine Bitte aus, die zugleich an Notwehr denken ließ: "Erwarten Sie nicht von mir, dass ich mich dumm stelle." Dumm wäre sich Köhlmeier vorgekommen, wenn er der FPÖ ihr anti-antisemitisches Engagement abgekauft hätte. Die wüsten Attacken auf George Soros waren dazu angetan, ihn eines Schlechteren zu belehren.

Als frischgebackener Ferdinand-Berger-Preisträger erinnerte Köhlmeier an sein besonderes Liebesverhältnis zu Hemingways Spanien-Roman "Wem die Stunde schlägt". Der republikanische Kampf gegen den Faschismus sei dank Hemingway für ihn erotisch besetzt. Eine Diktatur nehme den Menschen alles, ihre Würde, ihre Essenz.

Angriff auf die Würde

Der Angriff auf die Würde beginne dann, wenn man den Ärmsten der Armen den Stundenlohn auf einen Euro fünfzig herunterdrückt. Die "Klassenbesten" im Wegnehmen seien Agenten der Niedertracht, bewandert in der "Kunst des Bösmenschen".

So ist sich Köhlmeier nicht zu schade, im Umfeld so vieler abgeklärter Zyniker selbst gutmenschlich zu handeln und die Taten der derzeit Regierenden beim moralischen Nennwert zu nehmen. Laudator Paulus Hochgatterer pries Köhlmeiers Hellhörigkeit für das Gefühl der Scham. Und verglich den Ausgezeichneten mit Mark Twain. So flossen im Wappensaal des Rathauses sogar noch der Mississippi und der Rhein zusammen. (Ronald Pohl, 11.4.2019)