Innerhalb kurzer Zeit zieht bei manchen nach großer körperlicher Belastung eine Erkältung herauf.

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Franziska Zoidl ist Journalistin und begeisterte Läuferin. Manchmal tut ihr oder einem Menschen aus ihrem Umfeld aber etwas weh – dann schreibt sie darüber.

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Das Gefühl, das ich beim Überschreiten der Ziellinie des Wien-Marathons verspürte, werde ich nie vergessen. Erst in dem Moment realisierte ich, dass ich wirklich 42,195 Kilometer gelaufen war. Als mir die VCM-Mitarbeiterin eine Medaille umhängte und mir Wildfremde im Zielbereich gratulierten, liefen Tränen über mein Gesicht. All die Trainingskilometer hatten sich ausgezahlt. Viele hatte ich bei Dunkelheit allein auf der einzigen gut beleuchteten Straße in der Nachbarschaft durch Auf- und Ablaufen zurückgelegt. Das war nun vergessen. Jetzt fühlte ich mich großartig.

Was ich aber wusste: Streng genommen ging es meinem Körper gerade überhaupt nicht großartig. Die Körpertemperatur vieler Marathonläufer liegt im Ziel bei bis zu 40 Grad, außerdem haben sie auf den letzten 42 Kilometern – je nachdem, wie viel sie beim Laufen zu sich genommen haben – bis zu ein Kilo abgenommen.

Und nach einem Marathon ist das Immunsystem extrem geschwächt, weil die Anzahl der Leukozyten im Körper abfällt. Das nennt sich Open-Window-Effekt. Krankheitserreger haben es nun besonders leicht, in den Körper einzudringen. Daher zieht bei manchen Finishern in Rekordtempo eine Erkältung herauf.

Für später vorgesorgt

Ich hatte schon in meiner Marathonvorbereitung fast so etwas wie eine Keim-Phobie entwickelt. Denn eine Erkältung in der heißen Phase des Trainings konnte ich nicht brauchen. Ich wusch mir unzählige Male am Tag die Hände, war immer mit Handdesinfektionsspray unterwegs, nahm prophylaktisch Vitamin C und allerlei andere Immunbooster ein – und war beim ersten Kratzen im Hals in der Apotheke. Ob ich deswegen gesund blieb oder ob es reiner Zufall war, weiß ich nicht. Aber meine Apothekerin lacht immer noch, wenn sie mich sieht.

Damit ich trotz Open-Window-Effekts auch nach dem Marathon gesund bleibe, hatte ich vorgesorgt: Nach dem Zieleinlauf war mir zwar überhaupt nicht kalt, ich bekam von meinem Mann trotzdem gleich eine warme Jacke übergezogen. Hunger hatte ich nicht, aber ich aß trotzdem, um meinen Körper mit Nährstoffen zu versorgen.

Der Linzer Sportmediziner Andreas Dallamassl empfiehlt für die drei bis vier Tage nach dem Zieleinlauf, in denen das Immunsystem geschwächt ist, vor allem eines: Erholung. Eine Woche würde er ganz auf das Laufen verzichten, um dem Körper Zeit zur Regeneration zu geben. Wer es ohne Bewegung gar nicht aushält, kann stattdessen Rad fahren oder schwimmen gehen – aber ganz locker. "Und Menschenansammlungen würde ich jetzt meiden", sagt Dallamassl.

Viel schlafen, kein Laufen

All das habe ich berücksichtigt. Ich habe meine schmerzenden Beine hochgelegt, meinen Muskelkater tapfer überstanden, viel geschlafen und nichts gemacht – vor allem, weil ich schon das einfache Treppensteigen in den ersten beiden Tagen als unglaublich anstrengend empfand.

Nun fühle ich mich aber wieder fit. Und langsam juckt es mich in den Beinen. Heute werde ich wieder laufen gehen. Und mich dabei hoffentlich ähnlich großartig fühlen wie vor einer Woche beim Zieleinlauf. (Franziska Zoidl, 14.4.2019)