Kroatische Patrouille in der Bucht von Piran, um die sich das Land mit Slowenien streitet. Nicht immer soll der EU-Partner dabei saubere Mittel einsetzen.

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"Haben Sie Einfluss auf den Sender POP TV?", fragt der Priester Ivan Tolj, die graue Eminenz der Styria Media Group in Kroatien. Auf der Tonbandaufnahme ist weiter zu hören, dass die kroatische Regierung ihn aufgefordert habe anzurufen. Es ginge um eine Geschichte über den kroatischen Geheimdienst SOA, über den POP TV berichten wolle. "Die Regierung fragt, ob Sie das stoppen können. Das wäre nützlich", so Tolj am Telefon.

Offensichtlich arbeitet Herr Tolj nicht nur für die Styria, sondern auch für die kroatische Regierung. Und offensichtlich intervenierte er, um zu verhindern, dass eine brisante Geschichte in slowenischen Medien erscheint. Denn diese fanden heraus, dass es der kroatische Geheimdienst SOA gewesen war, der einen slowenischen Richter des Schiedsgerichts, das über den Grenzverlauf zwischen Kroatien und Slowenien zu urteilen hatte, im Jahr 2015 abgehört hatte.

Bucht von Piran

Kroatien nahm damals die Veröffentlichung des Lauschangriffs zum Anlass, sich aus dem Verfahren zurückzuziehen. Für Beobachter war damals offensichtlich, dass Zagreb eine Ausrede suchte, weil es den Spruch des Schiedsgerichts nicht anerkennen wollte. Denn es war vorauszusehen, dass Kroatien nicht die Bucht von Piran zugesprochen werden würde – was sich 2017 bestätigte. Nun sollte offensichtlich verhindert werden, dass ans Tageslicht kommt, dass der kroatische Geheimdienst selbst die ganze Aktion eingefädelt hat. Unklar ist auch, woher Tolj überhaupt wissen konnte, dass POP TV eine Geschichte zu dem Thema veröffentlichen würde. Deshalb wird in Slowenien vermutet, dass auch Journalisten vom kroatischen Geheimdienst abgehört werden.

Die slowenische Regierung berief eine Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats ein, und der slowenische Botschafter wurde aus Kroatien zurückberufen. Premier Marjan Šarec rief Kroatien dazu auf, alle Maßnahmen zu unterlassen, die sich gegen die Werte der EU und den Rechtsstaat richten. Laut dem slowenischen Geheimdienst gibt es Beweise, dass die kroatische Regierung direkt in das Ausspionieren und den Druck auf slowenische Medien involviert war. Die Styria meint zu der Angelegenheit: "Ivan Tolj ist für die Styria Media International als Berater tätig. Die Styria Media Group gibt keinen Kommentar zur medialen Berichterstattung der politischen Auseinandersetzung zwischen Kroatien und Slowenien ab."

Angeblich militanter Islamismus

Kürzlich wurde auch publik, dass der kroatische Geheimdienst versuchte, das Nachbarland Bosnien-Herzegowina als Hort des islamischen Terrorismus darzustellen, um es zu diskreditieren. Das bosnische Medium "Žurnal" deckte auf, dass der kroatische Geheimdienst versuchte hatte, über einen Mittelsmann Waffen in Moscheen in Bosnien-Herzegowina zu verstecken, um diese angeblichen Waffendepots danach "aufzudecken" und behaupten zu können, es gäbe dort militanten Islamismus. Es gibt seit Jahrzehnten Versuche von kroatischer Seite, Bosnien-Herzegowina als Terrorzentrum zu diskreditieren.

So hatte die kroatische Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović im Jahr 2016 behauptet, dass Bosnien-Herzegowina eine "Brutstätte für den Terrorismus" sei und es "10.000 radikalisierte Personen" im Land gäbe. Zitiert wird in dem Artikel von "Žurnal" ein Bosnier, der von kroatischen Geheimdienstlern aufgefordert worden sein soll, Waffen in der Moschee des Dorfs Stranjani zu platzieren. Dem Bosnier soll gedroht werden sein, dass er seine Arbeitserlaubnis in der EU verlieren würde, wenn er den Anweisungen nicht folgte. Nun bestätigte der bosnische Sicherheitsminister Dragan Mektić die Vorwürfe gegen SOA. In beide Aktionen – jene in Slowenien und jene in Bosnien-Herzegowina – war offensichtlich der Geheimdienstler Davor Franić – genannt "Davor, der Mechaniker" – involviert. Die SOA bestreitet alle Vorwürfe.

Keine funktionierende Gewaltenteilung

"Das Ganze zeigt, dass Kroatien versucht, eine regionale Spionagemacht im nachjugoslawischen Raum zu werden. Zudem wird offensichtlich, dass es in Kroatien starke Verbindungen zwischen Politik, Kapital und Medien gibt, die es ermöglichen, alle nationalen Ressourcen strategisch zu lenken, ohne dass jedoch die Gewaltenteilung und öffentliche Kontrolle der Regierung funktionieren, was eine Bedrohung für die Demokratie und Machtmissbrauch darstellt", sagt der slowenische Politologe Marko Lovec zum STANDARD.

Grabar-Kitarović traf sich erst kürzlich mit dem früheren Geheimdienstler Bože Vukušić, der wegen des Mordes an Jusuf Tatar 1983 in Deutschland zu lebenslanger Haft verurteilt worden war, 1991 allerdings freikam. Vukušić ist Teil jener Organisation, die das Gedenken an die Massenverbrechen durch das kommunistische Regime im Mai 1945 an Mitgliedern des faschistischen NDH-Staates organisiert. (Adelheid Wölfl aus Sarajevo, 12.4.2019)