Mit dem Recht das Klima retten oder für Minderheiten einstehen: Juristen arbeiten auch in NGOs. Das scheint zuzunehmen, sagt Ferdinand Lischka von der Jobplattform NGOJobs.

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Die schwedische Schülerin Greta Thunberg und tausende Schülerinnen und Schüler weltweit sind nicht die Einzigen, die versuchen, den Klimawandel zu bekämpfen.

Auch Juristen wollen das Klima retten – manche mit Erfolg. So ist es etwa den Rechtsanwälten der Nichtregierungsorganisation (NGO) Client Earth gelungen, das Verbot von Einwegplastik in der Europäischen Union und die Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in Deutschland durchzusetzen.

Sie stehen exemplarisch für jene Juristen, die sich nicht für den klassischen Berufsweg entscheiden. Die nicht nach dem Abschluss ein Gerichtsjahr machen, Konzipient werden, die Anwaltsprüfung ablegen und irgendwann Partner werden oder als Richterin oder Staatsanwältin Karriere machen. Sondern die in einer NGO tätig sind und eben für das Klima lobbyieren oder Asylwerber in Rechtsfragen beraten.

Etwas Sinnvolles machen

Laut einer Befragung von Non-profit-Organisationen durch die Statistik Austria und die Wirtschaftsuni Wien waren zwischen September 2014 und April 2015 234.000 Personen in einer NGO beschäftigt – ein kleiner Bruchteil aller Arbeitnehmer in Österreich.

Solche Karrierewege scheinen zuzunehmen. Davon ist zumindest Ferdinand Lischka überzeugt. Der Jus-Absolvent gründete 2012 die Jobplattform NGOJobs. Er sagt: "Ich habe das Gefühl, dass mehr Menschen Interesse zeigen, im NGO-Bereich zu arbeiten – auch Juristen." Das merke er besonders, wenn er mit seiner Plattform bei Jobmessen am Juridicum vertreten ist: "Bei unserem Stand ist oft mehr los als bei den großen Kanzleien. Viele wollen eine andere Perspektive sehen, nicht nur für ein gutes Gehalt für ihren Chef arbeiten, sondern auch etwas Sinnvolles machen." Jedes Jahr steige die Nachfrage der Messebesucher, sagt Lischka.

Sinn, flexible Arbeitszeiten

Die Gründe dafür sieht er einerseits in der angesprochenen Sinnsuche. Das zeigen auch etliche Umfragen. So zum Beispiel der "Kompass Neue Arbeitswelt", für den das Meinungsforschungsinstitut Marketagent im Auftrag der Jobplattform Xing 1001 Erwerbstätige in Österreich befragt hat. Rund 87 Prozent der Befragten ist es wichtig, dass ihre Arbeit Sinn hat. Auch dass NGOs schneller auf die Anforderungen der modernen Arbeitswelt wie Homeoffice oder flexible Arbeitszeiten reagieren würden oder könnten als große Kanzleien, ist für Berufseinstieger oftmals ein Entscheidungsgrund, sagt Lischka. "Es ist immer schwieriger, junge Leute nur mit Geld zu ködern."

Als weiteren Grund nennt er die derzeitige Arbeitsmarktlage: Die Jobmöglichkeiten seien für Juristen seit jeher gut, auch wegen ihres breiten Einsatzfeldes. "Und je mehr Auswahl man hat, desto eher nimmt man vielleicht einen Job an, der nicht so gut bezahlt ist, mit dem man sich aber identifizieren kann." Doch es mag vielleicht auch an dem Umstand liegen, dass "der Teilarbeitsmarkt für Rechtsanwälte derzeit gesättigt ist und viele Juristen deshalb ausweichen und prinzipiell in Mischbereichen wie etwa im Wirtschaftstreuhandwesen, im Vertragsrecht oder im Bereich der Digitalisierung tätig sind", sagt René Sturm vom AMS-Forschungsnetzwerk.

Identifikation und Interesse

Wer sich für eine NGO entscheidet, dem sollte bewusst sein, dass die Arbeit dort oft mit einer intensiven Arbeitsbelastung einhergehe, ein niedrigeres Gehalt auf einen warte und Leidenschaft erfordert, sagt Lischka. "Es sollte ein echtes Interesse und eine Identifikation mit dem Arbeitgeber bestehen." Das wollen ohnehin einige Erwerbstätige, wie eine weitere Umfrage von Marketagent im Auftrag des Wifi zeigt: Einem Drittel der Befragten ist es wichtig, sich mit ihrer Firma identifizieren zu können. (set, 13.4.2019)