Das Team Lotto-Soudal bei einem Proberitt in Haveluy, in der Nähe von Wallers im Norden Frankreichs.

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Wien/Paris – Kein anderer aktiver Radprofi kennt Paris-Roubaix besser als Bernhard Eisel. Der 38-Jährige absolviert den qualvollen Hochgeschwindigkeitsritt durch die "Hölle des Nordens", wie der Klassiker mit seinen zahlreichen Pflastersteinpassagen genannt wird, am Sonntag zum bereits 16. Mal. Diesmal warten auf der 257-km-Fahrt von Compiegne ins Velodrom von Roubaix 54,5 km auf den 29 holprigen Abschnitten.

Eisel freut sich trotz der rund sechsstündigen Strapazen auf das prestigeträchtige Kräftemessen. "Gezwungenermaßen", wie er meinte, denn dieses Rennen komme ihm besonders entgegen, wie er mit Rang fünf 2006 und Rang sieben 2011 bewiesen hat. "Roubaix liegt mir vom Körperbau und der Veranlagung her, man muss über lange Zeit die gleiche Kraft bereitstellen und durchgehend voll konzentriert sein", erklärte Eisel vor der obligatorischen Besichtigung der Schlüsselstellen im Gespräch mit der APA.

"Fresse lieber den ganzen Tag Staub"

Der Routinier rechnet sich auch bei der 117. Auflage ein Spitzenergebnis aus. "Die Form passt. Wenn alles perfekt läuft, traue mir einen Top-Ten-Platz zu", betonte der Steirer, der in der Dimension-Data-Mannschaft neben Edvald Boasson Hagen als Kapitän fungieren wird. Die hochkarätige Konkurrenz um Titelverteidiger Peter Sagan, Greg van Avermaet und Co. fürchtet er nicht, sehr wohl aber Regen. "Das brauche ich wirklich nicht, da fresse ich lieber den ganzen Tag Staub. Wenn das Pave nass ist, dann ist das so, als ob man 100 Kühe auf eine Eisfläche treiben würde."

Aber auch bei trockenem Wetter wird es Risikobereitschaft brauchen, von seiner schweren Kopfverletzung aus dem Vorjahr lässt sich Eisel jedenfalls nicht mehr bremsen. "Das ist komplett vom Tisch. Wenn da noch was wäre, dann würde ich nicht mehr fahren". Im April 2018 hatte er sich wegen der Spätfolgen eines Sturzes einer Notoperation unterziehen müssen. Deshalb war er nach 15 Teilnahmen in Serie im Vorjahr bei Paris-Roubaix erstmals seit 2003 nur Zuschauer gewesen.

Vielleicht noch ein Jahr

Aufgrund des guten Heilungsverlaufs und seiner aktuell vielversprechenden Verfassung könnte es durchaus sein, dass Eisel nach dieser Saison noch ein Jahr anhängt. "Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Ich würde mir aber schon noch ein Jahr zutrauen", betonte der Wahlkärntner. Eine Entscheidung werde aber nicht vor dem Sommer fallen, in dem er auch wieder die Tour de France bestreiten wird.

Seine anhaltende Freude an seinem Tun lässt sich Eisel auch von Stefan Denifl und Georg Preidler nicht nehmen, die im Zusammenhang mit dem Skandal um einen deutschen Mediziner Blutdoping gestanden haben. "Schwarze Schafe wird es immer geben, das ist in jedem Berufsfeld so. Natürlich schadet jeder positive Fall dem Sport, egal ob international oder aus Österreich", sagte Eisel.

Nachwuchsinitiative mit Peter Wrolich

Der Radsport unternehme im Kampf gegen Doping jedenfalls so viel wie keine andere Sportart. "Ich glaube noch immer an einen sauberen Sport", bekräftigte der Familienvater, der in Kärnten neuerdings mit Peter Wrolich eine Nachwuchsinitiative betreibt und auch nach seiner aktiven Karriere im Radsport-Metier weiterarbeiten will.

Mit Marco Haller tritt bei Paris-Roubaix ein weiterer im Vorjahr noch schwer verletzter österreichischer Profi an. Der Kärntner zeigte sich im bisherigen Frühjahr in guter Form, am Mittwoch belegte der Katjuscha-Fahrer beim Scheldepreis Rang sieben. (APA, 12.4.2019)