Plätze wie diese mit Bäumen und Kühlbögen sollen in der Zieglergasse bei hohen Temperaturen zum Verweilen einladen.

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Wien – Die heißen Sommertage kommen bestimmt – und für Stadtbewohner in Österreich werden sie, wie schon in den vergangenen Jahren, sehr belastend sein. In bebautem und versiegeltem, an Kraftfahrzeugverkehr reichem und Grünflächen armem Gebiet sinken die Temperaturen auch nachts nicht. In diesen sogenannten Hitzeinseln ist wochenlang nicht an guten Schlaf zu denken.

Ein Hotspot diesbezüglich ist der siebente Bezirk in Wien. Genau hier startet nun mit der "kühlen Meile" in der Zieglergasse ein stadtgestalterisches Pilotprojekt, das die Hundstage erträglicher machen soll. Ziel sei, den öffentlichen Raum so umzubauen, dass die "gefühlte Temperatur" – das subjektive Hitzeempfinden von Menschen – um rund fünf Grad niedriger als die tatsächlichen Temperaturen liege, sagte der Neubauer Bezirksvorsteher Markus Reiter (Grüne) bei der Vorstellung der Pilotprojekts.

Gut fürs Mikroklima

Um das Mikroklima in der über einen Kilometer langen, zwischen Mariahilfer Straße und Lerchenfelder Straße gelegenen Zieglergasse zu verbessern, werden 24 Ulmen gepflanzt, die – wenn ihre Wurzeln genug Platz haben – besonders breite, schattenspendende Baumkronen haben. Fünf Pergolen mit Sitzelementen sowie 32 Einzelsessel werden aufgestellt, vier Hydranten zu Wasserentnahmestellen für Mensch und Tier umgebaut.

Dazu kommen übermannshohe Kühlbögen, aus denen ab einer Außentemperatur von 27 Grad ein hitzelindernder Nebel kommt. Sie sollen an vier Stellen auf den verbreiteten Gehsteigen stehen. Diese erhalten an zentralen Stellen ein helleres, lichtreflektierendes Pflaster. Die Arbeiten sollen kommenden Sommer abgeschlossen sein.

Hebein sieht Neubau als Vorbild

Neben umfassenderen Klimaschutzmaßnahmen – "Ich bin davon überzeugt, dass kein Weg an der Citymaut vorbeiführt" – brauche es solche kleinteiligen Initiativen, sagte die designierte Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin Birgit Hebein (Grüne) bei der Projektpräsentation. Hier gehe der siebente Bezirk voran, "vorbildlich für ganz Wien".

Die Wiener Neos begrüßten den geplanten Umbau, kritisierten jedoch die Herangehensweise: Die Anrainer seien nur "pseudomäßig" befragt worden, die veranschlagten Gesamtkosten mit 2,5 Millionen Euro "aus unserer Sicht sehr hoch", hieß es in einer Stellungnahme.

Hitziges Österreich

Österreich ist von der Klimaerwärmung besonders betroffen. Die Zunahme der Durchschnittstemperaturen und der Zahl alljährlicher Hundstage werde hier stärker ausfallen als in vielen anderen Teilen Europas, sagte der am Neubauer Abkühlungsprojekt beteiligte Meteorologe Simon Tschannett von der Firma Weatherpark: "Die Alpen wirken wie eine Barriere – oder ein Stauraum – für heiße Luft aus dem Süden."

Gelinge es nicht, den CO2-Ausstoß global deutlich zu verringern, werde es in Wien im Jahr 2080 Temperaturen wie derzeit in der senegalesischen Hauptstadt Dakar geben, wo es von Juli bis Oktober durchschnittlich 30 Grad heiß ist. Doch – so Tschannett – auch geringere Temperaturanstiege machten Anpassungsmaßnahmen nötig, bis hin zu einer anderen Arbeitskultur mit Tätigkeitsspitzen in den kühleren Stunden des Tages. (bri, 12.4.2019)