Diese Regierung kann eines: mit wohlformulierten, auf den ersten Eindruck plausibel klingenden Ansagen über reformerische Vorhaben beim Publikum Stimmung machen.

Wenn z. B. alle – von Kurz über Blümel bis (deutlich leiser) zur FPÖ – sagen: "Das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein", dann wird ein beträchtlicher Teil der Bürger zunächst zustimmen. Dann allerdings stellt sich heraus: Dieses geplante Gesetz gegen "digitale Vermummung" ist schlecht durchdacht, wird seinen angeblichen Zweck nicht erreichen, verstößt wohl gegen das Datenschutzgesetz, ist überhaupt legistisch fragwürdig – und riecht verdammt nach Unterdrückung der Meinungsfreiheit im Vorhinein. Punkt für Punkt weist das STANDARD-Chefredakteur Martin Kotynek in seinem Leitartikel nach.

Der inzwischen kultige Auftritt von Medienminister Gernot Blümel in der ZiB 2 bestätigt massiv diesen Eindruck: Das ist sachlich fragwürdig und fällt im schlechtesten Fall unter das berühmte Motto von FPÖ-Vize Norbert Hofer: "Sie werden sich noch wundern, was alles geht".

Aber dieser Plan ist nur der letzte Anlass für Zweifel an den Absichten – und der Kompetenz – dieser Regierung.

Was wurde aus ...

Was wurde z. B. aus dem "größten Reformprojekt der Zweiten Republik" (Kanzler Kurz), dem Umbau der Sozialversicherungen? Was wurde aus der "Patientenmilliarde" (Vizekanzler Strache)? Man hat Sozialversicherungen zusammengelegt, was zunächst einmal etwas kostet. Man hat über die neun Länderkrankenkassen eine "Gesundheitskasse" darübergelegt und einen FPÖler aus einer bekannt sozialen Branche (Hotels) zum Chef gemacht.

Was wurde aus der "größten Steuersenkung aller Zeiten"? Aus der Abschaffung der kalten Progression? Ankündigungen. Vertröstungen auf die nächste Legislaturperiode.

Unermüdlich in ihrem Reformeifer ist die Regierung nur, wenn es gegen Asylwerber und Muslime geht. Aber auch da funktioniert nichts richtig. Es wurden Moscheen geschlossen, angeblich wegen Radikalität. Das wurde legistisch so schleißig gemacht, dass sie eine Woche später wieder offen waren. Mit der "Sicherheitshaft" wollte man potenziell gefährliche Asylwerber präventiv wegsperren. Das ist verfassungsrechtlich so fragwürdig, dass die Opposition ihre (notwendige) Zustimmung verweigert. Asylwerbern soll das Entgelt für gemeinnützige Arbeit auf 1,50 Euro gekürzt werden. Aber da machen auch schwarze Bundesländer nicht mit. Die Sozialministerin, die Synthese aus Feindseligkeit und Inkompetenz, bringt es zustande, dass Spenden von der Mindestsicherung abgezogen werden. Immer dann, wenn es brenzlig für die Regierung wird, entdeckt plötzlich der blaue Innenminister 70.000 Flüchtlinge, die an unseren Grenzen lauern.

... den schön verpackten Ankündigungen?

Diese Regierung hat eine ausgeprägt rechtspopulistische bis rechte Agenda. Die türkise Kerntruppe will mit dem "roten Umverteilungsstaat" aufräumen. Die blaue Kerntruppe (Burschenschafter) will eine rechtsextreme Revolution. Aber weil sie so eng denken, weil sie unter sich bleiben wollen (und daher auf die Kompetenz der Beamtenschaft verzichten), weil sie nur auf "Message-Control" setzen, liefern sie meist nur schön verpackte Ankündigungen. (Hans Rauscher, 12.4.2019)