Die Marke Wienwert: ein roter Stephansdom.

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Wien – Die Pleite der Immobilienentwicklungsgruppe Wienwert hält Gerichte, Gläubiger und die in der Causa ermittelnde Korruptionsstaatsanwaltschaft gleichermaßen auf Trab. Die Wienwert-Gruppe fiel 2018 um, die Schulden betragen rund 90 Millionen Euro. Rund 35 Millionen davon stammen aus den 16 Anleihen, die Wienwert bei 900 Zeichnern untergebracht hatte. Die Gläubiger dürften ihr Geld nicht mehr wiedersehen, so jedenfalls die Befürchtungen der Kreditschützer.

Bei den strafrechtlichen Ermittlungen geht es um den Verdacht der betrügerischen Krida, Untreue und Bilanzfälschung. Eine wichtige Rolle spielt in dem Konnex die Marke Wienwert (als Bild: ein roter Stephansdom) bzw. deren Wert von 3,12 Millionen Euro, der Experten ziemlich hoch erscheint.

Die vom Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK) geführten Ermittlungen gehen auch in diese Richtung. Der Verdacht: Der Markenwert sei so hoch angesetzt gewesen, um letzten Endes die Anleger via zu positiver Darstellung der wirtschaftlichen Potenz der Wienwert dazu zu bringen, Anleihen zu zeichnen. Notabene: Die Beschuldigten bestreiten das.

Marke als Sacheinlage

Nun will die Anwaltskanzlei Aigner Lehner Zuschin, die geschädigte Wienwert-Anleger vertritt, den Schaden (vorerst einmal) eines Anlegers vom Gründungsprüfer der Wienwert AG ersetzt wissen. Er hat beim Umbau der damals bereits angeschlagenen Gruppe die Sacheinlagen für ihre Einbringung in die Gesellschaft geprüft und bestätigt – dazu gehört eben auch die Marke mit ihrem Wert von 3,12 Mio. Euro.

Aus Sicht der Anlegeranwälte war dieser Markenwert freilich "unrichtig und nicht vertretbar", wie es in einem Schreiben an Geschädigte heißt. Denn: Da seien Vermögenswerte "ohne eine entsprechende Wertschöpfung" generiert worden. Und: "Der Kunstgriff über die Bewertung der Marke war maßgeblich für den weiteren Vertrieb der Anleihen."

Kurzer Rückblick auf die Geschichte des Markenwerts: Die Firmengründer haben die Wort- und Bildmarke am 31. März 2016 an die WW Holding (vormals Wienwert Holding AG) um 3,12 Mio. Euro verkauft. Ende 2016 wurde die Marke gruppenintern um denselben Betrag übertragen: an die WW-Tochter Wienwert AG. Die begab noch 2017 Anleihen. Recht stark war sie freilich schon 2016 nicht mehr gewesen. Aus der damaligen Bilanz (eingeschränkter Bestätigungsvermerk) erschloss sich, dass ihr Eigenkapital 5 Mio. Euro betrug – allerdings entfielen nur 1,8 Mio. davon auf Cash. Die restlichen rund 3,2 Mio. trugen eben die Markenrechte bei.

Anfang 2018 ging die Mutter WW Holding pleite, wenig später auch die Wienwert. Rund ein Dutzend Konzerngesellschaften folgten.

Zudem fordern die Anlegeranwälte den Ersteller des Markengutachtens, eine der großen Wirtschaftsprüfungskanzleien, zu einer Stellungnahme auf. Auf dessen Gutachten, wonach der Verkehrswert 3,12 Mio. Euro betrage, hat sich der Gründungsprüfer einst gestützt. Laut Schreiben der Anwälte ergibt sich aus der Expertise, dem Gutachter sei klar gewesen, "dass es darum ging, Bonität der Gesellschaft dazustellen, um so möglichst günstig Hochrisiko einzuwerben, ohne allerdings, dass die Anleger davon wussten". Die Prüfer sehen all das nicht so.

Ermittlungen ausgeweitet

Die Justiz ermittelt in der Causa inzwischen gegen fünf Personen; gegen die zwei Unternehmensgründer, den Ex-Geschäftsführer und einen Ex-Mitarbeiter der Wienwert sowie gegen einen Wiener Immobilieninvestor. Es gilt die Unschuldsvermutung. (Renate Graber, 13.4.2019)