Eine Begegnung im Bundesrat: Dort sagte Kanzler Kurz, dass Inserate in rechtsextremen Medien "abzulehnen" seien. Vizekanzler Strache scheint anderer Meinung zu sein.

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Mehr als 70.000 Euro Steuergeld für rechte Postillen: Das ist die Bilanz der türkis-blauen Bundesregierung bis dato. Wobei es ausschließlich FPÖ-geführte Ministerien waren, die ein Faible für Anzeigenschaltungen in Rechts-außen-Magazinen wie dem Wochenblick oder Alles Roger zeigten, wie aus den Antworten auf eine Anfragenserie der SPÖ-Abgeordneten Sabine Schatz, die dem STANDARD vorliegen, herauszulesen ist.

Nur nicht festlegen

Wie berichtet, hatte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) noch am Donnerstag einen Inserate-Stopp für rechte Medien verkündet. Ob sich daran auch die blauen Minister halten werden, bleibt offen. Einige FPÖ-Regierungsmitglieder wollen sich nämlich nicht festlegen, wie sie es in Zukunft mit Inseraten in rechten Publikationen halten werden. Anders als etwa ÖVP-Justizminister Josef Moser oder Familienministerin Juliane Bogner-Strauß, die solche Inserate für 2019 dezidiert ausschließen, heißt es bei mehreren FPÖ-Ministern, man könne das noch nicht sagen, da die Medienplanung fürs laufende Jahr noch nicht abgeschlossen sei.

Verkehrsminister Norbert Hofer war heuer schon aktiv: Er hat sich eine Anzeige in Alles Roger bereits 6000 Euro kosten lassen. Der Verkehrsminister ist auch sonst nicht geizig, was die indirekte Presseförderung rechter Medien betrifft. Rund 32.000 Euro gab sein Ministerium für Anzeigen in Wochenblick und Alles Roger aus.

Kickl nach Hofer

Zweitstärkster Rechtspostillen-Inserent ist Innenminister Herbert Kickl. Seine Anfragenbeantwortung ließ zu Redaktionsschluss zwar noch auf sich warten, doch zeigen ihn bereits die vorläufigen Daten aus 2018 an zweiter Stelle hinter Hofer: Mehr als 32.000 Euro flossen aus dem Innenministerium in Wochenblick und Alles Roger. Kickl wählte die rechten Medien aus, um Bewerber für den Polizeiberuf zu suchen.

Fürs Rekrutieren von personellem Nachwuchs nutzte auch Verteidigungsminister Kunasek seine Inserate-Tätigkeit in Wochenblick und Zur Zeit. Mehr als 7700 Euro flossen in die Anzeigen in die beiden Magazine. Sinnvoll investiertes Geld, wie Kunasek meint, schließlich dienten die Anzeigen laut seinen Angaben "zur Gewährleistung einer effizienten Personalwerbung des Bundesheeres". Schatz sieht das anders. "Hier werden Steuergelder missbräuchlich für rechte Medien verwendet", so die Abgeordnete. Im Wochenblick sei zumindest ein Identitärer tätig. Umso dringender wäre ein baldiger Inserate-Stopp.

Antisemitisch

Wochenblick und Alles Roger wurden mehrmals vom Presserat ermahnt, weil sie Vorurteile schüren und Leser "auf geradezu systematische Art und Weise getäuscht" würden, wie es in einer Entscheidung über wochenblick.at hieß. Alles Roger wird vom Mauthausen-Komitee zudem als "tendenziell antisemitisch" eingeschätzt.

Umstrittener Gast bei Strache

Antisemitismus stand zumindest vordergründig auch auf der Agenda des Vizekanzlers, als er im Februar 2019 zu einer Veranstaltung lud, bei der mehr oder weniger umstrittene Gäste auf dem Podium saßen. Einer von ihnen, der Buchautor Michael Ley, zeigte in der Vergangenheit eine gewisse Nähe zu den Identitären: So posiert er in einem mehr als halbstündigen Youtube-Video mit Identitären-Chef Martin Sellner beim gemütlichen Sofa-Talk über den Islam. Im Jahr 2016 sagte Ley, es sei "wichtig, dass die Identitären stärker werden".

Das hinderte Strache nicht, den Deutschen als Redner einzuladen. Auf Nachfrage von Liste-Jetzt-Abgeordneter Alma Zadic sagt Strache, die Idee, genau diesen Redner einzuladen, stamme von ihm, "im Zusammenwirken mit dem ressorteigenen Thinktank und meinem Kabinett". Ein Problem mit der Identitären-Nähe Leys habe man nicht gesehen: Der Autor und die übrigen Gäste seien "anerkannte Experten auf ihrem Gebiet".(13.4.2019)