Robert Schneider, 1950–2019.

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Robert Schneider einen Keramikkünstler zu nennen geschieht nur aus Verlegenheit, weil du einen Menschen halt wo hintun musst, wenn du was erzählen willst über ihn. Das aber, das Erzählen, ist bei Robert Schneider ganz besonders schwer. Er ist so viele gewesen, dass du nicht weißt, wo du anfangen sollst. Den Robert Scheider müsstest du dir erst zusammenklauben.

Aber natürlich ist er – auch – ein Keramiker gewesen. Ein gelernter sogar, kein bloß angelernter. Er absolvierte die einschlägige Fachschule im mittelburgenländischen Stoob, begann in den frühen 1970er-Jahren künstlerisch zu arbeiten, machte sich einen Namen mit großen Objekten für und am Krankenhaus Kittsee und am alten Wiener Börsegebäude. Er setzte Ofen, brannte Fliesen.

Der Riss

Große Kugeln mit genau dimensionierten Schlitzen brachte er – Musikant, der er ja auch war – als Tonkünstler tatsächlich zum Klingen. Ein tönendes, tönernes Schlagwerk war das.

Ästhetisch begleitet ihn "der Riss" durchs Leben. Da wurden etwa diese großen, hohlen Tonkugeln – allein handwerklich eine Meisterleistung – so bearbeitet, dass sie aussahen, als wären sie geplatzt. Der Druck, die Spannung, das Zuviel, der Riss: ein gebranntes Lebensthema.

Die Mü

Der Keramiker war allerdings nur einer der Robert Schneider. Ein anderer, vielleicht noch bedeutenderer, war der von der Cselley-Mühle in Oslip/Uzlop. Die Mü, wie man sich angwöhnt hat zu sagen, hat er 1976 mit dem Maler Sepp Laubner auf die Welt gebracht und seither mit Hans Bögl und vor allem seiner Frau Eveline Lehner – eine Keramikkünstlerin, die in der Mü auch die Gastronomie schupft – betrieben.

Fred Sinowatz, damals der Kunstminister, sagte bei der Eröffnung: "Ich weiß nicht, was ich eröffne. Aber ich eröffne es." Robert Schneider war wahrscheinlich der Einzige, der sich wirklich buchstabengetreu daran gehalten hat: Er wusste nicht, was er da betrieb. Aber er betrieb, was immer die Mü gerade war.

Die Seele

Man kann sagen, er war die Cselley-Mühle: ihr Hausmeister, ihr Hausarbeiter, ihr Herz und ihre Seele. Generationen von Künstlern haben sich hier, ermutigt von Robert Schneider, auf den Weg gemacht, um der Welt einen Haxen auszureißen. Immer wieder, immer neue, auch angestachelt von der Neugier des Robert Schneider auf die jeweils Jungen.

Schneider machte die Cselley-Mühle zu einer Brutstätte des Kreativen. Er mittendrin. Weiser und weiser werdend, aber – oder deshalb – so schelmisch, gewissermaßen dadaistisch geblieben wie ein Junger.

Der Tugut

Die Brusttasche des Hemdes – er trug nur Hemden mit Brusttaschen – vollgestopft mit nützlichen Handwerksutensilien. Schraubenzieher, Zimmermannsblei, Maßband, Kuli. So hielt er das mühsame Werkl am Laufen. Er war, lässt sich zusammenfassen, ein Tugut.

Auch zu sitzen verstand Robert Schneider. Ja, auch daraus machte er eine Kunst. Nicht umsonst hieß und heißt eine Veranstaltungsreihe in der Mü Sitzen und Schauen.

Der Lebensgeist

Nicht nur diesbezüglich, aber diesbezüglich ganz besonders sprühte er vor Ideen. Und das Sprühen allein war ihm dann manchmal schon genug. Ein Konzeptkünstler war er in dem Zusammenhang. Wenig mag es geben, die mit solchem Ernst sich jenem Spaß hingeben, mit dessen Hilfe die Gedanken erst anfangen zu fliegen. Ein Schmähführer war er, dessen Schmäh immer vom Herzen kam.

Robert Schneider war ein wirklich harter Handarbeiter. Ein Tuer. Aber daneben war er ein begnadeter Schwadronierer, der sich selber nicht selten auf der Schaufel hatte. Ein Philosophierer. Ein Lebensgeist.

Das Herz

Am 30. Jänner feierte er seinen 69. Geburtstag. Es war Mü-Pause. Da war er mit seiner Frau, wie alle Jahre, in der Wärme der Äquatornähe. Heimgekehrt, fingen Beschwerden an ihn zu plagen. In der Nacht auf Samstag ist er in einem Wiener Krankenhaus gestorben.

Ob damit auch das Herz der Cselley-Mühle – eines der allerwichtigsten Ermöglichungszentren Österreichs – zu schlagen aufgehört hat, wird sich weisen. (Wolfgang Weisgram, 13.4.2019)