Kurt Koleznik, Generalsekretär der Fachhochschulkonferenz

STANDARD: Die Fachhochschulen sind zum Teil sehr engagiert, die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Aber jede kocht ihr eigenes Süppchen. Die FH Salzburg hat sich der Klimastrategie des Landes Salzburg, das MCI der Strategie des Landes Tirol verpflichtet, die FH Oberösterreich will die EMAS (Eco Management and Audit Scheme) erreichen. Warum gibt es nicht eine Strategie für alle Fachhochschulen?

Koleznik: Die Fachhochschulkonferenz macht bei der Allianz der nachhaltigen Universitäten mit. Wir haben beispielsweise an der Konferenz "Wissenschaft im Wandel" im November letzten Jahres teilgenommen. Der Grund, warum einzelne Fachhochschulen nicht an der Allianz beteiligt sind, ist leicht erklärt. Diese Allianz ist Teil der Leistungsvereinbarungen der Universitäten mit dem Bund. Die Universitäten bekommen dafür ihr Geld. Die Leistungsvereinbarung gilt aber nicht für Fachhochschulen, insofern sind wir da nicht mitgedacht worden.

STANDARD: Die Fachhochschulen könnten aber auf Eigeninitiative ihre Kräfte bündeln und so etwas Ähnliches machen?

Koleznik: Wir sind natürlich auch dran an dem Thema. Die Fachhochschulkonferenz hat sich das schon länger auf die Tagesordnung geschrieben, und wir tun auch viel dafür. Die Fachhochschulen können zwei grundsätzliche Dinge beitragen, damit Österreich die 17 Sustainable Development Goals, die von der Uno festgeschrieben wurden, auch zu erreichen. Nämlich die Hochschule als nachhaltiges Unternehmen und die Hochschule als nachhaltiger Treiber. In beiden Bereichen tut sich an den Fachhochschule einiges. So haben sich beispielsweise die Fachhochschulen Burgenland, Wiener Neustadt und Campus Wien zusammengeschlossen und schauen sich genau an, wie auf organisatorischer Seite Nachhaltigkeit an ihren Fachhochschulen gelebt werden kann. Darüber hinaus gibt es an den Fachhochschulen einerseits viele Studiengängen, die Nachhaltigkeit in irgendeiner Form zum Thema haben, und andererseits wird im Zuge ihrer angewandten Forschung aktiv an nachhaltigen Lösungen geforscht. Gerade wenn es darum geht, dass bestimmte Materialien abgelöst oder besser verwertet werden sollen, dann passiert das nicht in der Grundlagenforschung, dafür braucht es die angewandte Forschung.

STANDARD: Welchen Stellenwert haben die Nachhaltigkeitsziele der UN an den Fachhochschulen?

Koleznik: Einen hohen. Man kann nicht sagen, dass es fünf vor zwölf ist, und dann nichts machen. Das muss sich auch in dementsprechenden Studiengängen, in der Forschung und Entwicklung und in der Organisation zeigen. Wenn diese drei Dinge gemacht worden sind, dann ist die Fachhochschule schon auf einen sehr guten Weg. Und das, was an Fachhochschulen bereits alles gemacht wird, ist dem Idealismus und dem Ehrgeiz der Fachhochschulen zuzuschreiben. Vom Bund bekommen wir dafür keine Unterstützung, und wir sind leider auch in keine Aktivitäten eingebunden. Das ist ein dringender Appell, größer zu denken, eine gemeinsame Strategie für alle Hochschulen wäre wünschenswert. Der Bund müsste das natürlich in irgendeiner Form auch finanziell unterstützen.

STANDARD: Aber auch die Fachhochschulen schaffen es nicht, eine einheitliche Strategie dafür zu entwickeln ...

Koleznik: Wir sind dran, voneinander zu lernen, zu schauen, dass wir gleiche Standards haben. Ein Beispiel ist nachhaltige Abfallwirtschaft. Wenn wir wissen, wie es an einer Fachhochschule gut funktioniert, kann dieses System auch für andere adaptiert und übertragen werden. An diesen Dingen sind wir dran. Es geht aber weniger um Labels, wichtiger ist, dass wir ins Tun kommen. Lippenbekenntnisse allein nützen niemandem, schöne Zahlen auch nicht. Es muss umgesetzt werden. Das kann auch wehtun, weil wir unser Verhalten ändern müssen.

STANDARD: Wo gibt es noch Handlungsbedarf an den Fachhochschulen?

Koleznik: Keine Fachhochschule kann an allen 17 Nachhaltigkeitszielen gleich fest arbeiten. Ich sehe die Chance der Fachhochschulen vor allem im Bereich Forschung und Entwicklung, in anwendungsbezogenen Beforschungen ganz besonders auf Nachhaltigkeit zu schauen, beispielsweise neue Materialien zu entwickeln oder Alternativen in der Energiegewinnung anzubieten und auch das Bewusstsein in der Bevölkerung zu schärfen. Da könnten wir noch mehr tun, uns noch mehr öffnen und Bürgernähe herstellen.

STANDARD: Und was wäre Ihr Wunsch an die Politik?

Koleznik: Dass es so etwas wie eine Strategie des Bundes, des Wissenschaftsministeriums gibt, wo alle Hochschulsektoren gleichermaßen und gleichberechtigt eingebunden sind und auch gleichermaßen berücksichtigt werden. Dafür braucht es Geld, Hirnschmalz und Personal, das vermisse ich. Da sind wir leider auf uns allein angewiesen. Im Moment sind wir in die nationale Strategie, um die SDGs zu erreichen, überhaupt nicht eingebunden, dabei sind wir kein kleiner Sektor, der auch als Multiplikator etwas beitragen könnte. (16.4.2019)