Oft ist Besuchern nicht bewusst, dass es sich bei bekannten Sehenswürdigkeiten um Nachbauten handelt. Manche sind zu alt oder zu empfindlich, um dem Besucherinteresse Stand zu halten. Andere hingegen existieren nicht mehr und mussten nachgebaut werden.

Zu kostbar: Tutanchamuns Grabstätte (Tal der Könige, Ägypten)

Bereits während seiner Entdeckung und Ausgrabung zog das Grab des Pharaos Tutanchamun zehntausende Besucher innerhalb weniger Monate in seinen Bann. Als Reaktion auf die wachsenden Besucherzahlen beschlossen die lokalen Behörden 1923 ein Projekt zur Konservierung und zur Lenkung der Besucherströme. Heute ist es Besuchern nur noch möglich, die Vorkammer des Grabes von Tutanchamun zu besichtigen. Alternativ können sie den Rätseln rund um den "Kindkönig" in einer detailgetreuen Kopie auf den Grund gehen. Der Nachbau befindet sich am Eingang zum Tal der Könige und beherbergt neben originalgetreuen Wandmalereien auch eine lebensechte Nachbildung des Sarkophags von Tutanchamun. Trotz Kopie ist die Grabstätte sehenswert.

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Zu empfindlich: Chauvet-Höhle (Ardèche-Tal, Frankreich)

Über 400 Wandbilder mit 1000 Tier- und Symboldarstellungen, gemalt vor über 30.000 Jahren: Die Chauvet-Höhle ist eine der facettenreichsten und am besten erhaltenen Relikte der Steinzeit. Aus diesem Grund wurde die Höhle bald nach ihrer Entdeckung zur beliebten Attraktion. Forscher sahen jedoch rasch die Nachteile, die der Besucherandrang mit sich brachte: Durch die Veränderung der Luftfeuchtigkeit waren die urzeitlichen Meisterwerke in Gefahr. Die Höhle wurde daraufhin für die Öffentlichkeit geschlossen, selbst Forscher dürfen nur noch in bestimmten Zeiträumen dort arbeiten. Da man die Malereien jedoch niemandem vorenthalten wollte, wurde unweit des Originals die größte Höhlennachbildung der Welt errichtet. Auf über 3.500 Quadratmetern können Interessierte die Kopien der Höhlenmalereien auf Felsrepliken bewundern. Diese wurden von verschiedenen Künstlern mit den gleichen Techniken und Materialien geschaffen, wie die Originale vor 30.000 Jahren.

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Zu alt: Pfahlbauten in Unteruhldingen (Bodensee, Deutschland)

Wie die Menschen wohl vor rund 6.000 Jahren am Bodensee gelebt und gearbeitet haben? Das muss sich auch der damalige Bürgermeister von Unteruhldingen, Georg Sulger gefragt haben, als er 1921 seine Privatsammlung mit Funden aus steinzeitlichen Häusern eröffnete. Die regelmäßig angelegten Pfahlbauten faszinierten Besucher schon kurz nach ihrer Entdeckung. Diese sind jedoch schlichtweg zu alt, um dem hohen Besucherinteresse standzuhalten. Aus diesem Grund beschloss man, einzelne Häuser aus verschiedenen Epochen der Steinzeit originalgetreu nachzubauen. Bereits 1922 eröffnete in der Nähe des Fundorts von Überresten steinzeitlicher Häuser am Bodensee ein Freilichtmuseum mit Nachbauten. Dort können Besucher auch heute noch alles über das Leben in der Stein- und Bronzezeit erfahren. Die Archive des Museums beherbergen Dokumentationen der Ausgrabungen rund um Unteruhldingen sowie über 50.000 fotografische Dokumente und etwa 300.000 originale prähistorische Funde.

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Zu symbolträchtig: Checkpoint Charlie (Berlin, Deutschland)

Die meisten kennen die Schilder "Sie verlassen jetzt den amerikanischen Sektor" in Westberlin. Besondere Berühmtheit erlangte der "Checkpoint Charlie". Der ehemalige Grenzübergang in der Friedrichstraße verband den sowjetischen mit dem US-amerikanischen Sektor und durfte nur von alliierten Militär- und Botschaftsangehörigen, von Mitarbeitern der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der DDR und von hohen DDR-Funktionären benutzt werden. Checkpoint Charlie war Schauplatz und Synonym spektakulärer und tragischer Fluchten aus Ost-Berlin und ein Symbolbild für die Konfrontation zwischen Kommunismus und Kapitalismus in Zeiten des Kalten Krieges. Noch vor der deutschen Wiedervereinigung wurde ein Zeichen gesetzt und der originale Checkpoint in einer Gedenkfeier abgebaut. Ersetzt wurde die Erinnerung an den Kalten Krieg durch eine originalgetreue Nachbildung inklusive Kontrollbaracke, Warnschildern zur Sektorengrenze und Sandsäcken. Das Original kann immer noch im Berliner Alliierten-Museum besichtigt werden. Es zieht jedoch weitaus weniger Besucher an, als die Nachbildung am Originalschauplatz.

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Zu nah am Wasser gebaut: Der Tempel von Philae (Assuan, Ägypten)

Südlich von Assuan am Nil befindet sich eine Tempelanlage mit einer Fläche von über 500 Fußballfeldern. Die ältesten Belege für die Anlage stammen aus der Zeit von 360 vor Christus. War der Tempel zunächst ein Ort der Verehrung für die altgriechische Göttin der Geburt, Isis, wurde ein Teil des Tempels als christliche Kirche geweiht und altägyptische Reliefs zerstört. Der Zahn der Zeit konnte den Tempelanlagen nichts anhaben, dem Menschen aber mussten sie weichen. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die Bauten mehrere Monate im Jahr durch den Assuan-Staudamm unter Wasser gesetzt. Um die alten Schätze vor der endgültigen Zerstörung zu retten, wurden alle Bauten zersägt und 600 Meter weiter, auf der Insel "Agilkia" originalgetreu wiederaufgebaut. Die Bauten von Philae, die heute einen neuen Standort haben, stehen seit 1979 trotz Umzugs auf der Liste der Unesco-Weltkulturerbestätten.

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Für manche zu weit weg: Eiffelturm und Venedig im Original (Las Vegas, USA)

Der Eiffelturm in Paris und die Lagunenstadt Venedig gehören zu den meistbesuchten touristischen Orten weltweit und sind bei US-Amerikanern sehr beliebt. Egal, ob ein Selfie bei der Gondelfahrt auf dem "Canal Grande", beim Spaziergang über die Rialtobrücke oder vor dem Eiffelturm – diese Motive sind enorm gefragt. In der Glücksspiel-Metropole Las Vegas finden sich die beliebten Sehenswürdigkeiten praktischerweise an einem Ort vereint. Mitten in Vegas steht das "Venetian Resort Hotel Casino", wo Urlauber einen Nachbau des Markusturms finden und eine Gondelfahrt auf dem nachgebauten "Canal Grande" unternehmen können. Nur wenige Schritte entfernt davon steht eine der vielen Kopien des Eiffelturms.

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Nachbauten europäischer Sehenswürdigkeiten sind in den USA und vor allem in China bekanntermaßen keine Seltenheit. Eine außergewöhnliche Kopie ist aber auch auf dem afrikanischen Kontinent zu finden: Seit 1988 steht in Yamoussoukro an der Elfenbeinküste die Basilika Notre-Dame-de-la-Paix, unschwer als Nachbau des Petersdoms von Rom zu erkennen. Doch die Kopie ist höher, länger und breiter als das Original, dafür fasst der Petersdom 2.000 Menschen mehr. Ein bisschen älter ist er freilich auch – seine Geschichte reicht zurück bis ins 5. Jahrhundert. (red, 18.04.2019)