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Mit bayerischem Know-how in der Führungsetage will die chinesische Byton die Massenproduktion von Elektroautos noch in diesem Jahr starten.

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Wien – Der Verheißung sind nicht nur vergleichsweise bekannte Namen wie Byton oder Nio erlegen. Der stark wachsende Markt für Elektroautos lässt wohl vielerorts die Fantasie der Investoren aufwallen, aber offenbar nirgends so stark wie im Reich der Mitte. Insgesamt 18 Milliarden Dollar haben Geldgeber seit 2011 in chinesische Erzeuger von Elektroautos gesteckt und damit in den vergangenen Jahren einen Gründungsboom finanziert.

Mittlerweile 486 solcher Unternehmen gibt es im Reich der Mitte, mehr als dreimal so viel wie noch vor zwei Jahren. Insgesamt 3,9 Millionen Elektrofahrzeuge wollen sie gemäß ihrer vollmundigen Ankündigung in China erzeugen. Dazu kommen noch die keineswegs geringeren Ambitionen anderer Autokonzerne. Von Tesla über Ford bis Volkswagen – auch sie wollen mit lokal erzeugten Elektroautos den chinesischen Markt fluten. Folglich erwarten etliche Experten, dass vielen Branchenneulingen das Wasser bald bis zum Hals stehen wird. Auf die Welle der Gründungen soll ihnen zufolge eine weitere des Scheiterns folgen.

Geringere Luftverschmutzung, weniger Abhängigkeit von Ölimporten und hochtechnologische Massenproduktion lauteten die ursprünglichen Motive der Regierung in Peking dafür, die Elektrobranche mit Subventionen anzuschieben. Das Ziel: Der Anteil von verkauften E-Autos und Hybriden soll bis 2025 auf sieben Millionen Stück steigen, das entspricht rund einem Fünftel des Gesamtmarkts. Heuer sollen rund 1,6 Millionen E-Autos abgesetzt werden, das entspricht bloß rund vier Prozent aller Autoverkäufe.

Kuchen zu klein für alle

Doch selbst die bis 2025 geplante Absatzmenge wird kaum für hunderte Anbieter reichen, zumal das Finanzministerium im März einen tiefen Einschnitt bei den staatlichen Förderungen ankündigte: Manche der Subventionen für E-Autos, die umgerechnet bis zu 7.500 Dollar je Fahrzeug betragen können, werden auf die Hälfte zusammengestrichen. "Die Karten werden neu gemischt", sagt Zhou Lei, Partner der Beratungsfirma Deloitte Tohmatsu Consulting, zur Finanznachrichtenagentur Bloomberg. Mit den Kürzungen der Subventionen würden technologisch weniger fortgeschrittene Anbieter verschwinden.

Ähnlich sieht es Thomas Fang, Strategieberater bei Roland Berger in Schanghai: "Es ist eine entscheidende Phase, die für E-Auto-Start-ups über Leben und Tod entscheiden wird." Zwar sieht Cui Dongshu, Generalsekretär des Branchenverbands China Passenger Car Association, noch viel Luft nach oben am Markt für E-Autos in China angesichts der geringen Marktdurchdringung, stellt aber ebenfalls klar: "Dieser Markt ist für konkurrenzfähige Anbieter, nicht für schwache." Letztere werden ihm zufolge aus dem Markt gedrängt.

Kostspieliger Produktionsaufbau

Denn der Aufbau einer wettbewerbsfähigen Erzeugung ist äußerst kostspielig: "Die Investitionen in eine effektive Produktion sind um ein Vielfaches höher als das, was für Planung und Marketing ausgegeben wird", erläutert Fang von Roland Berger. Daher hätten viele Erzeuger mit Verzögerungen bei ihren Plänen für die Massenproduktion zu kämpfen. Nach einer 500 Millionen Dollar schweren Finanzierungsrunde zu Jahresbeginn gab etwa Byton, das von einem Team ehemaliger BMW-Manager geleitet wird, im März bekannt, weitere 700 Millionen zu benötigen um den für Ende des Jahres anberaumten Produktionsstart abzusichern.

Dessen ungeachtet ziehen Elektroautos etliche branchenfremde Konzerne an wie den Internetriesen Alibaba oder den Apple-Zulieferer Foxconn, aber auch die China Evergrande Group, zweitgrößter Immobilienentwickler des Landes – mit nicht gerade bescheidenen Ambitionen: In drei bis fünf Jahren wolle man zum weltgrößten Erzeuger von Elektroautos aufsteigen, gab Evergrande vor einem Monat bekannt. Die Produktion soll "bald" starten. (aha, 16.4.2019)