Gegenüber Lkw-Transporten hat die Bahn das Nachsehen. Die Verlagerung auf die Schiene bleibt eine Illusion.

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Wien – Viel Fantasie für die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene schürt die jüngst von der Statistik Austria und veröffentlichte Gütertransportstatistik nicht: Den größten Tonnageanstieg seit dem Jahr 2010 verzeichnete der Straßengüterverkehr, während der Anteil der Bahn mehr oder weniger gleich blieb (siehe Grafik rechts). Das geht aus dem vor wenigen Wochen veröffentlichten Statistischen Jahrbuch 2019 hervor.

Nicht viel anders sieht der Modal Split im alpenquerenden Güterverkehr aus, der die wichtigsten Querungen im Alpenbogen von Ventimiglia in Italien über Fréjus/Mont Cenis, Mont Blanc, Gotthard, Simplon, San Bernardino bis Brenner und Tarvis. Letztere Daten stammen von iMonitraf, einem Netzwerk, zu dem sich die vom Transitverkehr hauptbetroffenen Anrainerregionen Tirol, Südtirol, Trento, die Zentralschweizer Regierungskonferenz und Région Auvergne-Rhône-Alpes in Frankreich zusammengetan haben. Gemeinsam arbeiten sie an technischen Lösungen und dirigistischen Regelungen zur Eindämmung des Transitverkehrs, respektive zur Verlagerung vom Lkw auf die Schiene.

Lkw-Transporte wachsen

Der im iMonitraf-Report 2018 dargelegte Befund ist insbesondere für die Brennerautobahn ernüchternd: Im Zeitraum 2005 bis 2017 passierten pro Tag durchschnittlich 31.912 Fahrzeuge den Brenner-Korridor, das ist der absolut höchste Wert aller Alpenpässe und entspricht einem Anstieg um ein Fünftel (23,2 Prozent) dar. Einen spürbaren Rückgang gab es ausschließlich in den Jahren der Wirtschafts- und Finanzkrise von 2009 bis 2011 zu verzeichnen. Auch auf den Routen Ventimiglia und Gotthard kam der Straßenverkehr wieder in Fahrt.

Ähnlich das Bild im Schwerverkehr über die wichtigste Alpenquerung im EU-Binnenmarkt: Die meisten Laster und Sattelzüge (über 3,5 Tonnen) wurden mit 6700 pro Tag erneut auf der Brennerroute im Jahr 2017 gezählt, das ist ein Anstieg um 5,3 Prozent gegenüber 2016. Die Langzeitbetrachtung legt eine Besonderheit offen: Während der Verkehr über Brenner, Tarvis, Mont Blanc und Fréjus in den vier Jahren bis 2017 kontinuierlich auf alte Höchstwerte vor der Finanzkrise emporkletterte, "stabilisierte" sich der schweizerische Korridor (Gotthard, San Bernardino). Klar negativ waren im Zehn-Jahres-Vergleich Fréjus und Gotthard, dort dezimierte sich der Lkw-Verkehr um 12,7 bzw. 13 Prozent.

Mangel an Daten

Bei aller Schwierigkeit, für einen Zeitraum von zehn oder gar 20 Jahren konsistente und vergleichbare Verkehrsdaten aufzuspüren – von den Alpenländern liefert im Prinzip nur mehr die Schweiz belastbares Datenmaterial, alle anderen änderten zwischenzeitlich Zählweisen und andere Parameter -, zeichnen die Experten ein für den Schienengüterverkehr deprimierendes Bild: Auf der Brennerachse stieg das auf Straße und Schiene transportierte Frachtvolumen insgesamt von 46,9 Millionen Tonnen im Jahr 2016 auf 49,4 Millionen Tonnen 2017.


Profitiert hat davon freilich in erster Linie der Straßengüterverkehr: Die mit Lkw transportierte Tonnage nahm von 33,5 auf 35,6 Millionen Tonnen zu, während mit dem Zug 13,8 Millionen Tonnen Fracht transportiert wurden, also lediglich um 400.000 Tonnen mehr als 2016. Verzerrend wirkt dabei der Gotthard, denn im Herzen der Schweiz ging – trotz ansteigender Konjunktur – die Gesamttonnage massiv zurück: Aufgrund des Unfalls war die Oberrheinbahnstrecke in Rastatt für 50 Tage gesperrt, die Bahntonnage ging von 15,3 auf 13,6 Mio. Tonnen zurück.

Schweiz ist streng und erfolgreich

Was den Modal Split betrifft, scheint der Rückstand der Schiene kaum aufholbar: Größer als 30 Prozent war der Bahnanteil in Österreich nur während der Finanzkrise, als das Wirtschaftswachstum zusammengebrochen und das Bruttoinlandsprodukt massiv geschrumpft ist. Mit dem BIP-Wachstum stieg zwar das Frachtaufkommen, aber hauptsächlich beim Lkw, kaum bei der Bahn. Sie hat ihr Vorkrisenniveau nicht wieder erreicht.

Einzige Ausnahme ist die Schweiz (Gotthard, Simplon). Die Eidgenossen haben die Lkw, die passieren dürfen kontingentiert und die Maut drastisch erhöht. (Luise Ungerboeck, 16.4.2019)