Die AK ist hinsichtlich ihrer Einbindung in politische Aushandlungs- und Gesetzgebungsprozesse auf den Willen der Regierung angewiesen.

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Als Sozialpartnerin spielte die Arbeiterkammer (AK) in der Zweiten Republik stets eine wichtige Rolle als Interessenvertretung und Beratungsinstitution für ArbeitnehmerInnen. Die starke Bündelung der öffentlichen Interessenvertretung durch die Sozialpartner in wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen und insbesondere die starke Rolle der Arbeiterkammer gelten im internationalen Vergleich bis heute als Sonderfall.

Trotz der Zugewinne und Verluste der einzelnen Fraktionen bildet das bundesweite Wahlergebnis der AK-Wahl 2019 das bisherige Verhältnis der größten Fraktionen zueinander weitestgehend ab. Die Sozialdemokratischen GewerkschafterInnen (FSG) bilden – im Gegensatz zur SPÖ im Nationalrat – bundesweit seit jeher die stärkste Fraktion und stellen daher auch den/die Präsident/in der Bundesarbeiterkammer, mit deutlichem Abstand gefolgt von den Christlichen GewerkschafterInnen / Österreichischer Arbeiter- und Angestelltenbund (ÖAAB-FCG). Auch bei der Wahl 2019 erhielt die FSG bundesweit mit 60,5 Prozent der Stimmen eine deutliche Mehrheit und konnte sich im Vergleich zum Jahr 2014 um mehr als drei Prozentpunkte steigern.

Als zweitstärkste Kraft erwies sich auch diesmal die ÖAAB-FCG mit 18,6 Prozent, die damit einen Verlust von fast 2,5 Prozentpunkten hinnehmen musste. Hinter diesen Ergebnissen reihten sich bundesweit wieder die Freiheitlichen Arbeitnehmer (FA) ein. Sie erzielten 2019 im Vergleich zur AK-Wahl 2014 minimale Zugewinne von 0,4 Prozent auf ein bundesweites Ergebnis von rund 10,1 Prozentpunkten. Während die anderen Fraktionen bereits seit 1949 zur Wahl stehen, treten die Grünen GewerkschafterInnen / Unabhängige GewerkschafterInnen (AUGE/UG) erst seit 1974 bei AK-Wahlen an. Ihr Wahlergebnis verschlechterte sich von 2014 auf 2019 gering um 0,6 Prozentpunkte auf 5,4 Prozent.

Eine Nachwahlbefragung des Instituts Sora zur AK-Wahl Wien liefert Einblicke in die Wahlmotive, die sich jedoch nicht für das gesamte Bundesgebiet verallgemeinern lassen. Die Befragung zeigt unter anderem, dass die AK und insbesondere die FSG als Gegengewicht zur aktuellen Bundesregierung wahrgenommen werden und die thematische Positionierung für soziale Gerechtigkeit, gegen steigende Mieten und gegen den Zwölfstundentag bzw. die 60-Stunden-Woche für die Wahlentscheidung der Wiener AK-Mitglieder relevant war.

Eine Stärkung der Rolle der Arbeiterkammer in wirtschafts- und sozialpolitischen Aushandlungsprozessen als Gegengewicht zur aktuellen Regierung bringt das Wahlergebnis 2019 jedoch nicht automatisch mit sich. Die AK ist – wie beispielsweise das neue Arbeitszeitgesetz gezeigt hat – hinsichtlich ihrer Einbindung in politische Aushandlungs- und Gesetzgebungsprozesse auf den Willen der Regierung angewiesen. Zudem kann die AK aus der sehr niedrigen Wahlbeteiligung von maximal 42,3 Prozent (AK Wien) in den Bundesländern nur schwer eine gesteigerte Legitimität ihrer politischen Positionen ableiten.

Als Gegengewicht "aus eigener Kraft" kann die AK vor allem fungieren, indem sie beispielsweise durch Medienpräsenz oder Demonstrationen Öffentlichkeit herstellt und mobilisiert oder fachliche Expertise bereitstellt und die ArbeitnehmerInnen über ihre Rechte aufklärt. (Andrea Tony Hermann, 16.4.2019)