Johanna Orsini-Rosenberg wohnt unweit des Donaukanals in einer Altbauwohnung. Hier, im fünften Stock, fühlt sie sich pudelwohl und Dichtern wie Nestroy oder Schnitzler nahe.

"Nach meiner Schulzeit und dem Studium der Violine in Wien absolvierte ich meine Schauspielausbildung am Salzburger Mozarteum und war anschließend an Theatern in Deutschland engagiert. Irgendwann wollte ich wieder zurück nach Wien, wo ich aufgewachsen bin. Das war vor 25 Jahren.

Johanna Orsini-Rosenberg bezeichnet sich als "Altbautyp" von jeher. Sie genießt auch den freien Ausblick aus ihrer Wohnung im fünften Stock.
Foto: Nathan Murrell

Für mich macht wahre Lebensqualität der Ort aus, an dem ich lebe, und nicht das Theater, an dem ich spiele. Also hab ich mir hier Arbeit gesucht. Die erste Zeit wohnte ich am Schubertring, wo meine Familie früher zu Hause war. Aber der erste Bezirk ist irgendwie nicht meins. Mein Mann und ich hatten damals Freunde, die am Beginn der Praterstraße zu Hause waren und es auch heute noch sind. Diese haben wir oft besucht, und bald schon war klar, dass auch wir hier wohnen möchten, an einem der schönsten Plätze von Wien. Irgendwann wurde tatsächlich etwas frei, und wir haben sofort zugegriffen. Ein kleines Wunder. Das ist jetzt 15 Jahre her.

Die Wohnung liegt im fünften Stock. Lift gibt es keinen, aber das ist uns egal. Zumindest noch. Auch während meiner Schwangerschaft vor 14 Jahren hat mich das nicht gestört. Das Haus ist ein ganz besonderes: Es wurde von einem jüdischen Zuckerfabrikanten erbaut. Ich glaube, das war um 1870. Später war hier die Lloyds-Bank untergebracht. Aber viel wichtiger ist mir, dass es hier, wie soll ich sagen, nach Theater riecht. Arthur Schnitzler, über den ich meine Diplomarbeit geschrieben habe, wurde im Haus gegenüber geboren, Nestroy steht in Form einer Statue vor der Tür, und es ist nicht weit zum Nestroyhof. Eine Komödiengasse gibt es auch in der Nähe. All das nehme ich sehr bewusst wahr. Es ist ein bisschen, als wären sie noch immer da, der Schnitzler und der Nestroy.

Betreffend den Einrichtungsstil bezeichnet Johanna Orsini-Rosenberg ihre Wohnung als gut gewachsenen Mix aus verschiedensten Dingen.
Foto: Nathan Murrell

Die Entwicklung der Gegend finde ich sehr okay. Als wir hier einzogen, war noch nichts los, und wir haben uns immer ausgemalt, wie es wäre, auf dem Platz einen Kaffee zu trinken. Mittlerweile ist es schon ein bisserl viel, wenn man sich mit dem Mistsackl in der Hand durch einen Gastgarten schieben muss. Aber unterm Strich ist es eine angenehme Sache, vor dem Haus zu sitzen. Bobo hin oder her, ich mag auch den Karmelitermarkt sehr gern. Das ist einfach ein toller Markt.

Unsere Wohnung ist sehr hell, wir genießen einen freien Blick, und die Raumhöhe ist etwas geringer als in den anderen Stockwerken. Das stört mich aber nicht. Im Gegenteil, das macht die Atmosphäre etwas gemütlicher und wärmer. Die Wohnung, in der wir zur Miete leben, misst 150 Quadratmeter und ist sehr verwinkelt. Das verleiht ihr zusätzlichen Charme. Ich bin von jeher der Altbautyp, ich mag Flügeltüren und alte Fenster.

Von Verschnörkeltem hält sie eher weniger.
Foto: Nathan Murrell

Von der Einrichtung her würde ich unseren Stil als gut gewachsenen Mix bezeichnen. Es gibt alte Stücke von Vorfahren, aber nichts Verschnörkeltes, zum Beispiel einen Tisch von meiner Großmutter oder ein klassisches Ledersofa. An den Wänden hängen viele Bilder meines Bruders sowie die Arbeiten zahlreicher befreundeter Künstler. Einen Klassiker gibt's auch, nämlich die Bogenlampe "Arco" von Achille Castiglioni. Außerdem steht in fast jedem Zimmer der Wohnung ein Bett. Es ist wichtig, sich ausruhen zu können. Im Wohnzimmer gibt's eine alte Bettstatt vom Flohmarkt, die mein Mann und ich das "Lotterbett" nennen. Man kann drauf lottern, und außerdem ist es ziemlich zerlottert.

Kurzum: Wohnen ist für mich sehr wichtig, es ist eine Essenz. Ich denke, mit gutem Wohnen erfüllt man sich einen Traum und erschafft eine Art zweiter Haut, die einen zur Ruhe kommen lässt. Es ist ein Gefühl, das mich schon beschleicht, wenn ich über die Donaukanal-Brücke komme und mich Schritt für Schritt unserem Zuhause nähere. Man kann es mit einer Art Loslassen vergleichen, und bis heute denke ich mir: 'Wow, was hatten wir für ein Glück!'" (Michael Hausenblas, 23.5.2019)