Der 17. April ist in Österreichs Redaktionen seit Wochen rot angestrichen: Reinhold Mitterlehner präsentiert sein Buch "Haltung". Erwartet wurde eine Abrechnung mit seinem Nachfolger als ÖVP-Chef, Bundeskanzler Sebastian Kurz. Das hat er eingehalten.

Was macht den Stoff so interessant? Immerhin pflegte die ÖVP lange eine starke Tradition von Ex-Obmännern, die ihren Nachfolgern öffentlich einmal mehr, einmal weniger gut gemeinte Ratschläge erteilen. Doch Mitterlehners Kritik hat Neuigkeitswert: Kurz profitiert in der Bevölkerung und vor allem in der Volkspartei vom Strahlemann-Bonus – etwas, das "Django" Mitterlehner nur kurz genießen konnte. Der Kanzler hat seine Partei unter Kontrolle, Kritik von links lässt ihn ohnehin kalt. Er versteht es, sich und sein Image vor Querschüssen aus den eigenen Reihen zu bewahren. Stichwort: Message-Control.

Mitterlehner pfeift auf all das – womöglich auch, um Kurz etwas heimzuzahlen. Er wirft Kurz nicht nur indirekt mangelnden Anstand vor, sondern kritisiert ihn vor allem aus konservativer Perspektive. Er ist mit dieser Meinung nicht allein. Das ist auch gut so. Kein Politiker soll je unumstritten sein – auch nicht in der eigenen Partei. Auch nicht, wenn die Umfragewerte stabil sind.

Kurz hält mit viel Aufwand eine Fassade aufrecht, die Perfektion vorgaukelt. An dieser Fassade kratzt sein Vorgänger ganz kräftig. (Sebastian Fellner, 16.4.2019)