Die Mezquita in Córdoba, eines der bedeutendsten Monumente Spaniens, wetteifert zu Ostern mit landesweiten Prozessionen.

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Dieser Tage zeigt sich Spanien frühsommerlich und von seiner katholischsten Seite: Umhüllt von dichten Weihrauchschwaden und begleitet von andächtigen Klängen der Kapellen, schreiten die Karwochen-Prozessionen durch Städte und Dörfer. Die "Cofradías" (dt. Bußbrüderschaften) folgen ihrer jahrhundertealten Tradition und tragen wertvolle Holzschnitte, die Jesus am Kreuzweg und die Jungfrau Maria zeigen, durch die Zentren. Vermummt, mit Kutten und Spitzhüten, bilden gespenstisch anmutende "Nazarenos" deren Gefolge – und sorgen für Gänsehaut.

Längst wurden die "Procesiones" zum Touristenmagneten. Hoteliers und Gastronomen jubeln. Die Terrassen der Tapas-Bars in Granada sind bis auf den letzten Platz gefüllt. Wer nicht rechtzeitig bucht, steht häufig vor dem Schild "completo". Die Mehrheit der Gäste stellen Spanier. Selbst im Luxussegment sind auf Anfrage nur noch wenige Zimmer frei. Betuchte Gäste aus Lateinamerika, aber auch am maurischen Kulturerbe interessierte muslimische Reisende aus Malaysia und Indonesien empfange man immer häufiger.

Málaga wird zur Top-Destination

Das Restaurant Terraneo vis-à-vis der Kathedrale Granadas hat für die Osterwoche das Personal um 35 Prozent aufgestockt, erzählt Manager José Antonio Caballero dem STANDARD. "70 Prozent der Kunden sind international", betont er: "Daher verkaufen wir auch mehr Speisen als 'nur' Tapas."

Spanienweiter Spitzenreiter bei der Auslastung ist die Mittelmeermetropole Málaga, die sich zur Topdestination mauserte, gefolgt von Granada, Sevilla und Bilbao. Selbst in den Skigebieten, in den Pyrenäen aber auch der Sierra Nevada, herrscht dank des jüngsten Neuschnees Hochbetrieb. Landesweit sind 78 Prozent der Unterkünfte gebucht, meldet die staatliche Tourismusbehörde.

Nachhaltiges Wachstum

Die Daten seien ausgezeichnet und belegten nachhaltiges Wachstum, sagt die Tourismus- und Industrieministerin Reyes Maroto von der sozialistischen Arbeiterpartei Psoe, die mitten im Wahlkampf für die Parlamentswahlen am 28. April steckt. Eine abflauende Dynamik im 'Sonne-Strand-und-Meer'-Tourismus ortet hingegen José Luis Zoreda, Präsident der Touristiker-Lobby Exceltur. Er fordert einen holistischen Plan zur Verbesserung der Küstendestinationen. In einer aktuellen Exceltur-Studie gehen zwar über 78 Prozent der Entscheidungsträger in der Branche davon aus, heuer die Rekordzahlen von 2018 zu übertreffen. Das Erstarken anderer Mittelmeerdestinationen, etwa der Türkei, Griechenland, Marokko und Tunesien, erfordere aber Investitionen, betont Zoreda. Seit Jahren pocht er auf einen Strategie-Schwenk, weg von Masse hin zu mehr Qualität und Kaufkraft.

Noch markieren die Zahlen internationaler Gäste Jahr für Jahr einen neuen Rekord. Auch die Pro-Kopf-Ausgaben halten mit dem Wachstum Schritt. Stattliche 11,7 Prozent zum BIP trägt der Tourismus bei. Über 2,4 Millionen Beschäftigte zählt der Sektor. Mit über 100.000 neuen Stellen ist er Zugpferd bei der Überwindung der hohen Arbeitslosigkeit.

Streik

Überschattet wird die Osterwoche in Spanien von Streiks. Bahninfrastrukturbetreiber Adif zwang die Staatsbahn Renfe zum Einstellen dutzender Hochgeschwindigkeitszüge. Auch Piloten der Fluglinie Air Nostrum sind im Arbeitskampf. Pünktlich zur Karwoche droht radikal-islamistischer Terror: In einem Online-Videoclip rufen Daesh-Sympathisanten zu Attentaten gegen Prozessionen auf. (Jan Marot aus Granada, 17.4.2019)